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10. August 2021

Die Hochwasser-Katastrophe trifft viele Handwerksbetriebe hart

Mehrheit der Betroffenen kaum bis gar nicht arbeitsfähig. Schäden vielfach von Versicherungen nicht abgedeckt. Die Kollegenhilfe ist groß. 

Kammerbezirk. Die Flutwellen von Erft, Inde, Rur, Urft und vielen anderen Bächen haben tausende Menschen in den Krisengebieten existenziell getroffen und vielen Handwerksbetrieben im Kammerbezirk Aachen massiv zugesetzt. Auf eine kurz nach dem Unwetter gestartete Umfrage der Kammer haben sich Stand 3. August 188 gemeldet und die Schwere der Schäden, den Grad ihres Versicherungsschutzes angegeben. Von 453 Betrieben kam die Rückmeldung, dass sie keine Schäden verzeichnen und davon teilten 274 Chefs und Chefinnen mit, dass sie ihren betroffenen Kolleginnen und Kollegen Hilfe anbieten möchten. Darüber hinaus melden auch die Kreishandwerkerschaften Aachen, Rureifel (Kreis Euskirchen und Düren) und Heinsberg weitere geschädigte Betriebe.

 

Große Betroffenheit
„Viele betroffene Betriebe konnten noch gar nicht  antworten, da die Aufräum- und  Sicherungsarbeiten, der Wiederaufbau ihrer Betriebe und der privaten Wohnung  oder schlichtweg lebenssichernde Arbeiten an erster Stelle stehen. Außerdem funktionieren bei einigen auch E-Mail oder Telefon noch nicht“, ist der Präsident der Handwerks­kammer Aachen, Marco Herwartz, überzeugt. Zum Teil haben mit den Wassermassen und Schlamm kämpfende Betriebe nicht alle Fragen beantwortet, „sondern nur kurz durchgegeben, dass sie betroffen sind“, so Herwartz, wofür man Verständnis habe.

„Hervorragend, schnell und direkt ist die riesengroße Unterstützung für die betroffenen Handwerksunternehmen seitens der helfenden Kolleginnen- und Kollegenbetriebe angelaufen und wird auch durchgehalten. Aus allen Gewerken wurde den Geschädigten Hilfe angeboten. Wir lassen unsere Kolleginnen und Kollegen und deren Mitarbeiter und Lehrlinge nicht im Stich“, unterstreicht Herwartz. Es wurde direkt mit angepackt, Strom neu verlegt, Rohre und Maschinen repariert, Flächen und Hallen für die Zwischenlagerung von Material  angeboten. Oder man habe neben den eigenen Aufträgen und der Produktion die der Kollegenbetriebe mit übernommen, damit die Kunden weiterhin bedient werden können. Das wüssten die Handwerks­kammer und die Kreishandwerkerschaften aus unzähligen persönlichen Gesprächen, Telefonaten, Mails, Posts in den Sozialen Medien, etc. „Auf diesen Zusammenhalt können wir im Handwerk stolz sein“ sagt Herwartz.

Die Handwerkskammer habe unter www.hwk-aachen.de/hochwasser unter dem Stichwort „Kollegenhilfe“ bereits eine Liste der helfenden Betriebe veröffentlicht, an die sich geschädigte Handwerksunternehmen wenden können. Die Hilfsangebote seien aber weit größer, da nicht alle einer Veröffentlichung im Netz zugestimmt hätten. Deshalb sollten betroffene Betriebe entweder bei den Betriebsberatern der Handwerkskammer oder bei den Kreishandwerkerschaften anrufen, da diese Hinweise zu weiteren Hilfsangeboten geben könnten. Alle seien im Austausch miteinander. Wer noch mithelfen wolle, solle die unter diesem Stichwort eingebundene Umfrage beantworten, damit die Unterstützungsangebote systematisch erfasst und gelistet werden könnten.

904 Betriebe geschädigt
Auf Basis einer Recherche der betroffenen Straßenzüge in den überfluteten Orten anhand der Rückmeldungen schätzt die Handwerkskammer, dass insgesamt 904 Handwerksbetriebe – unterschiedlich schwer – betroffen sein könnten. „Das wären über fünf Prozent aller Mitgliedsbetriebe. Wir hoffen inständig, dass es nicht so viele sein werden. Dieses Hochwasser hat sehr viel Leid und Schaden angerichtet“, fasst Kammer-Hauptgeschäftsführer Peter Deckers die schwierige Lage zusammen. Anhand der Rückmeldungen aus der Befragung zeichne sich ab, dass rund ein Drittel der Betriebe „extrem“ und weitere 30 Prozent „schwer“ geschädigt sind. Rund 20 Prozent sind „mittel“ betroffen und knapp 17 Prozent „leicht“. Demzufolge melden auch fast 46 Prozent, nicht arbeitsfähig zu sein, und bei knapp 19 Prozent ist die Produktion oder Dienstleistung stark eingeschränkt. Nur knapp 19 Prozent der betroffenen Handwerksbetriebe sind arbeitsfähig.

Die Fluten haben Fuhrparks, Maschinen, Werkzeuge, Waren und Vorprodukte mit sich gerissen und Werkstätten, Hallen  und Ladenlokale verwüstet. Das Leben einiger Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister und das ihrer Mitarbeiter war aufgrund der zum Teil überraschenden Wassermassen in Gefahr. Die Betriebsberater bei der Handwerkskammer und bei den Kreishandwerkerschaften erleben täglich verzweifelte Chefs und Chefinnen in der Beratung, die alles oder fast alles verloren haben.

Hohe Schadenssumme
„Die Schadenssumme dürfte für das Handwerk sehr groß sein aufgrund der vielen extrem oder schwer betroffenen Betriebe. Vielfach können die Einzelsummen auch noch nicht richtig eingeschätzt werden“, ist Peter Deckers überzeugt. Die geschätzten Einzelschäden reichen von 1.000 Euro bis 3,4 Millionen Euro. Viele Betriebe melden aber, sie noch gar nicht beziffern zu können. „Insofern ist die Summe der bisherig genannten Einzelschadenssummen der Betriebe von rund 19,1 Millionen Euro ganz sicher nur die Spitze des Eisbergs“, so der Hauptgeschäftsführer.

Es fehlt – an allem
Die Liste der benötigten Hilfe und Hilfsmittel ist lang: Sie reicht vom Bautrockner, Strom- und Telefonanschlüssen, Werkzeugen, Ersatzmaschinen, Material zur Behebung der eigenen Schäden oder für die Bearbeitung der Kundenaufträge über die Auftragsübernahme durch Kollegenbetriebe bis zu finanzieller Unterstützung, um kurzfristig die Liquiditätsengpässe zu überwinden und die Behebung der Schäden zu finanzieren. Einigen fehlt auch ein Dach über dem Kopf, da ebenfalls ihre Privatgebäude unter Wasser gestanden haben und unbewohnbar sind.

Nicht ausreichend versichert
Viele betroffene Handwerksbetriebe wird die Finanzierung der Wiederbeschaffung von Fuhrpark, Maschinen und Material und Sanierung oder der komplette Neubau ihrer Betriebsgebäude oder Ladenlokale vor große Probleme stellen: Fast 43 Prozent der antwortenden betroffenen Betriebe geben an, dass ihre Schäden nicht durch eine Versicherung abgedeckt sind; bei weiteren rund 41 Prozent sind sie es nur teilweise.  „Der Ehrlichkeit halber muss erwähnt werden, dass diese ungünstige Versicherungssituation nicht unbedingt auf ein Versäumnis der Betriebe zurückgeht. Die Betriebe finden zum Beispiel keine Versicherung, die sie aufgrund ihrer Lage an den Flüssen gegen Elementarschäden versichert, beziehungsweise die Prämien sind dann so hoch, dass die Betriebe dann keine Versicherung abschließen. Deshalb muss über die vielen regionalen und überregionalen Spendentöpfe, aber vor allem auch über die zugesagten Finanzmittel des Bundes und des Landes NRW  dieses Problem behoben werden“, erklärt Präsident Marco Herwartz, denn die Handwerksbetriebe müssten schnell wieder ans Laufen gebracht werden, da sie wichtige Versorgungs­arbeiten für die Bevölkerung und die Infrastruktur in den Städten und Gemeinden übernehmen. „Die Knappheit an Handwerkerressourcen im Bau- und Ausbaubereich, aber auch bei der übrigen Versorgung war vor der Flut schon groß, aber jetzt ist sie katastrophal.“ Hinzu komme die große Materialknappheit in vielen Gewerken.

Hilfe für Ausbildungsbetriebe
Ausbildungsbetriebe sind ebenfalls von dem Unwetter getroffen worden. Deshalb werden die Ausbildungsberater der Kammer in den nächsten Tagen und Wochen mit jedem der rund 500 möglicherweise betroffenen Ausbildungsbetriebe abklären, ob und wenn ja, welche Hilfen zur Fortsetzung der Ausbildung benötigt werden.

Kollegenhilfe: Handwerksbetriebe, die ebenfalls Kollegenhilfe anbieten wollen, beteiligen sich bitte an der Umfrage der Kammer, damit ihr Angebot systematisch erfasst werden kann: www.hwk-aachen.de/kollegenhilfe

Förderhilfen und zinsgünstige Darlehen, Steuermaßnahmen, Stundungs­möglich­keiten, Kurzarbeit, Hotlines und Ansprechpartner: Alle Links und Hinweise sind zu finden unter:

www.hwk-aachen.de/hochwasser

 

Kontakt:

Handwerkskammer Aachen
Elmar Brandt
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit / Redaktion Handwerkswirtschaft
Sandkaulbach 17-21, 52062 Aachen
Tel.: +49 241 471-135, Fax: +49 241 471-105

www.hwk-aachen.de

 


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Autor(in): Klaus Schäfer
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