Bahnstrecke Köln-Trier-Saarbrücken trennte das Eifelstädtchen Mechernich seit 130 Jahren – Jetzt ist es vorbei mit langen Staus vor geschlossenen Schranken: Durchstich der B 477 durch den Mechernicher Bahnhofsberg für den Verkehr freigegeben, aber das auf den Stadtpolitiker Winfried Simons zurückgehende 16,5-Millionen-Euro-Projekt geht weiter: Jetzt wird ein zweiter Tunnel für Fußgänger und Radfahrer unter die Eifelbahnstrecke gebaut
Mechernich – „Wunder geschehen“, freute sich Mechernichs stellvertretender Bürgermeister Peter Wassong, als er Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick zum Gelingen des Mechernicher Jahrhundertprojektes gratulierte.
Am Freitagmorgen wurde die Unterführung der Bahnlinie Köln-Trier durch den Mechernicher Bahnhofsberg für den Verkehr freigegeben. „Das ist für Mechernich ein denkwürdiger Tag“, so Bürgermeister Schick. Erste Überlegungen für eine Bahnunterführung hatte es immerhin schon 1914 gegeben.
„So alt ist schon der Wunsch, die Bahnstrecke unterfahren zu können, ohne vor einer der lästigen Bahnschranken halten zu müssen“, sagte Bürgermeister Schick. Durchschnittlich 12.000 Fahrzeuge passierten bislang Tag für Tag die drei innerstädtischen Bahnübergänge in Mechernich.
56 Mal am Tag staute sich der Verkehr vor den geschlossenen Schranken. Schick: „Das war eine enorme Belastung für den Verkehr in Mechernich.“ Faktisch war Mechernich zwei bis drei Stunden täglich eine geteilte Stadt.
Im Bahnhofsbergtunnel unterquert die Bundesstraße 477 die Bundesbahnlinie Köln-Trier-Saarbrücken kurz vor dem Ortseingang Mechernich aus Richtung Kommern und Roggendorf. Ebenfalls eingeschränkt freigegeben ist die Abfahrt des neuen Kreisverkehrs vor dem Bahnhofstunnel in Richtung Strempt, allerdings zunächst nur bis nach Roggendorf.
Für Mechernich habe die Untertunnelung eine erhebliche Wirkung, so Bürgermeister Schick. Die Verkehrsfreigabe sei ein weiterer Schritt dahin, dass Mechernich zusammenwächst und die Bürger ihre gemeinsame Identität weiterentwickeln.
Nord-Süd-Bahnlinie hat große Bedeutung für Mechernich
Der Bahnanschluss habe schon zur Zeit der Bergbaublüte am Mechernicher Bleiberg eine herausragende Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt gespielt. Aber auch heute sei der moderne Mechernicher Bahnhof, den die Mechernicher Traditions-Omnibusbusfirma „Schäfer Reisen“ als Privatinvestor erbaut hatte, ein infrastruktureller Segen.
Mechernich sei mit zwei eigenen Autobahnanschlüssen und zwei Bahnhöfen an der linksrheinischen Nord-Süd-Bahnlinie verkehrstechnisch die Mitte des Kreises. Die Buslinien von „Schäfer-Reisen“ und RVK steuern ebenso wie die Eisenbahnzüge im Öffentlichen Personennahverkehr den Bahnhof Mechernich an. Für die Fahrten von Mechernich auf die Außenorte verkehrt vom Bahnhof ein Pendelbus über den Stiftsweg zum Busbahnhof Feytalstraße am Schulzentrum. Er verbindet alle Zu- und Umsteigmöglichkeiten im ÖPNV im gesamten Stadtgebiet.
Dr. Hans-Peter Schick dankte Projektleiter Andreas Groß und Bauleiter Ferdi Esser, unter deren Bauführung die Unterführung entstanden sei. Nicht zu vergessen seien am Bau beteiligte Ingenieure, Baufirmen und Handwerker, die die Pläne konkret umgesetzt hätten. „Es wurde sehr viel Energie investiert, um diese Maßnahme umzusetzen.“ Einen Dank richtete Schick auch an seine Kollegen aus der Politik, die sich „zusammengerauft und dem Projekt zugestimmt“ hätten.
Von seinem Stellvertreter Peter Wassong bekam Bürgermeister Schick aus gegebenem Anlass eine alte Karikatur von Ralf Kramp überreicht, auf der Schick als Greis an den Bahngleisen zu sehen ist – unter der Überschrift „Schicks langes Warten auf den großen Durchstich“. Lachend gab Schick zu, als eher unruhiger Mensch sei er sich sicher gewesen, dass er durch diese Baumaßnahme „gewiss kein Methusalem werden würde“.
Schick, Klein und Wassong gaben den Verkehr frei
Als Akt der Verkehrsfreigabe wurde die Absperrbarke vor dem Tunneleingang entfernt. Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, sein Stellvertreter Peter Wassong und Edgar Klein, der ehemalige Chef des Landesbetriebs Straßen NRW, packten mit an. Dann winkte Schick das erste durchfahrende Auto an die Seite. In dem weiß-gelben VW-Bus saß der erstaunte Peter Eick, seines Zeichens Lehrer an der Sekundarschule Mechernich-Kall.
Als erster Autofahrer in der neuen Unterführung erhielt er eine Urkunde und eine Flasche Rotwein überreicht. Der Lehrer aus Nettersheim, der demnächst zum Team der neuen Gesamtschule Mechernich-Kall gehören soll, zeigte sich erfreut über die Freigabe der neuen Strecke. „Für unsere Lehrer ist es zeitlich eine Entlastung, wenn wir zwischen den beiden Schulstandorten wechseln und rechtzeitig zum Unterricht da sein wollen.“
Bahnübergang Friedrich-Wilhelm-Straße schloss sich für Autos
Dass das Projekt auf dieser Trassenführung endlich realisiert werden konnte, geht u.a. auf den verstorbenen Mechernicher Kommunalpolitiker und Ratsherrn Winfried Simons zurück, der die erste Rohplanung mit einem bei der Bahn führend tätigen Schulfreund angestellt hatte.
Die Maßnahme, an der neben der Stadt Mechernich (400.000 Euro) vor allem der Bund mit dem Landesbetrieb Straßen NRW (je über 5 Millionen Euro) und die Bahn AG beteiligt sind, soll insgesamt mit Kosten von 16,5 Millionen Euro zu Buche schlagen.
„Das ist noch lange nicht das Ende der Maßnahme“, erklärte Bürgermeister Schick. Zur gleichen Stunde wie der Bahnhofsbergtunnel freigegeben wurde, schlossen sich am bisherigen Bahnübergang Friedrich-Wilhelm-Straße die Überquerungsmöglichkeiten für den Autoverkehr und zwar vermutlich für immer. An dieser Stelle entsteht nun ein zweiter Tunnel für Fußgänger und Radfahrer.
Steffi Tucholke/pp/Agentur ProfiPress