Die konjunkturelle Erholung lässt weiter auf sich warten. „Es ist zwar wieder etwas mehr Optimismus bei den Unternehmerinnen und Unternehmern als noch zu Jahresbeginn spürbar, jedoch befinden sich Lage und Erwartungen deutlich unter dem Niveau vergangener Jahre“, fasst Michael F. Bayer, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Aachen, die Ergebnisse der jüngsten IHK-Konjunkturumfrage zusammen. An der Befragung haben sich 354 Unternehmen mit rund 25.400 Beschäftigten aus der Städteregion Aachen sowie den Kreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg beteiligt. 29 Prozent der Befragten melden gute Geschäfte. Das sind nur geringfügig mehr als zuletzt. Ein Viertel der Befragten – etwas weniger als zuletzt – ist unzufrieden. Der Saldo stieg um +5 auf 4 Punkte, liegt allerdings deutlich unter dem langjährigen Schnitt von 24,7 Punkten.
Die Erwartungen haben sich verbessert, bleiben aber überwiegend schlecht. 21 Prozent der Betriebe blicken optimistisch in die Zukunft. Die negativen Rückmeldungen sind von 36 auf 27 Prozent zurückgegangen. Damit bewerten die Betriebe ihre Erwartungen nun im dritten Jahr in Folge überwiegend schlecht. Eine so lange Negativphase gab es noch nie. „Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich seit dem Jahresbeginn nicht verbessert. Neben den bürokratischen Belastungen erschweren die neuen Zollkonflikte mit den USA die Planungssicherheit für die Unternehmen“, erläutert Bayer. „Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung enthält positive Ansätze, die jedoch sehr weit hinter den Erwartungen der Wirtschaft liegen. Die Unternehmen brauchen jetzt konkrete Entlastungen, zum Beispiel bei den Energiepreisen, Steuern und Abgaben. Hier bleibt der Vertrag zu vage. Die aktuelle Lage erfordert mehr Mut zur Veränderung.“
Als größtes Konjunkturrisiko nennen 60 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Das ist ein neuer Rekordwert. 55 Prozent der Betriebe sorgen sich vor einem Rückgang der Inlandsnachfrage, etwas weniger nennen die Arbeitskosten (53 Prozent) und den Arbeits- und Fachkräftemangel (50 Prozent) als größte Herausforderungen für die Wirtschaft.
Mehr als die Hälfte aller Industriebetriebe rechnet mit spürbaren Auswirkungen durch die Zollpolitik der USA, jeder zehnte Befragte befürchtet sogar sehr starke Folgen. Weitere 20 Prozent gehen von starken Auswirkungen aus. Nur 4 Prozent glauben, dass die gestiegenen Zölle keine Konsequenzen für sie haben werden.
Dementsprechend rechnen die Unternehmerinnen und Unternehmer mit keinen Wachstumsimpulsen des Exports. Der Saldo stieg nur geringfügig um +3 auf -7 Punkte, bleibt aber überwiegend negativ. Auch die Investitionspläne der Betriebe haben sich seit dem Jahresbeginn kaum verändert. Der Saldo stieg von +4 auf +6 Punkte. Die Ertragslage bleibt weiter schlecht. Der Saldo stieg von -26 auf -18 Punkte und bleibt damit zum neunten Mal in Folge im negativen Bereich. Dabei melden vier von zehn Betrieben gesunkene Erträge.
Aufgrund der allgemeinen Wirtschaftslage gibt es auch bei der Beschäftigung keinen Lichtblick. Ein Viertel der Befragten rechnet mit einem Anstieg der Mitarbeiterzahl, geringfügig weniger mit einem Rückgang. Die Arbeitslosenquote in der Region Aachen liegt aktuell bei 7,2 Prozent. Sie ist damit weiterhin niedriger als in Nordrhein-Westfalen (7,8 Prozent), allerdings höher als auf Bundesebene (6,3 Prozent).
Geschäftslage und Erwartungen der Befragten im Detail
Die Lage in der Industrie ist weiterhin überwiegend schlecht. Sie hat sich seit Jahresbeginn kaum verändert. 18 Prozent der Betriebe berichten gegenwärtig von guten Geschäften, 32 Prozent sind unzufrieden. Bei rund der Hälfte der Befragten sind die Umsätze zurückgegangen, fast jeder fünfte Betrieb meldet einen Anstieg. 11 Prozent der Industrieunternehmen haben derzeit ganz oder in Teilen Kurzarbeit angemeldet, weitere 4 Prozent rechnen damit in naher Zukunft. Nachdem die Auslastung der Produktionskapazitäten zum Jahresbeginn überraschend auf 80 Prozent angestiegen war, hat sie sich nun deutlich verringert und liegt mit 78 Prozent wieder annähernd auf dem Niveau vom Herbst 2024. Sie liegt damit auch wieder deutlich unter dem langjährigen Schnitt von 80,6 Prozent. Ein Drittel der Industriebetriebe berichtet, dass ihre Kapazitäten zu mehr als 85 Prozent ausgelastet seien, bei weiteren 44 Prozent liegt die Ausnutzung zwischen 70 und 85 Prozent. 8 Prozent geben an, dass die Kapazitätsauslastung unter 50 Prozent sei.
Die Situation der Dienstleister hat sich gegenüber dem Jahresbeginn deutlich verbessert. 45 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer sind mit der Geschäftslage zufrieden, 15 Prozent berichten von schlechten Geschäften. Die Umsätze haben sich hingegen seit Jahresbeginn leicht verschlechtert, sind aber noch überwiegend positiv. 35 Prozent der Betriebe melden ein Umsatzwachstum, 31 Prozent einen Rückgang.
Die Situation im Handel zeigt sich weitgehend stabil. Ein Viertel der Unternehmerinnen und Unternehmer meldet gut Geschäfte, etwas mehr ist unzufrieden. Dabei unterscheiden sich die Bewertungen aus dem Groß- und Einzelhandel deutlich voneinander. Während die Großhändler mit einem Saldo von -24 weit überwiegend mit der aktuellen Lage unzufrieden sind, ist die Mehrzahl der Einzelhändler positiv gestimmt. Fast die Hälfte der Einzelhändler ist mit dem Geschäft derzeit zufrieden, 23 Prozent sind es nicht.
Die Situation der Bauunternehmen ist weiterhin überwiegend positiv, hat sich jedoch seit Jahresbeginn deutlich verschlechtert. 43 Prozent der Befragten melden aktuell gute Geschäfte, 21 Prozent sind nicht zufrieden. Nur noch 13 Prozent aller Bauunternehmen haben in den vergangenen Monaten einen Anstieg der Bauproduktion verzeichnet. Bei fast der Hälfte ist sie rückläufig. Parallel ist auch die Auslastung der Maschinen und Geräte deutlich zurückgegangen. Auch die Ertragslage hat sich im Baugewerbe deutlich verschlechtert. Zwar gibt noch kein Unternehmen an, Kurzarbeit angemeldet zu haben, allerdings rechnen 11 Prozent der Betriebe damit in Kürze.
Der Auslandsumsatz in der Industrie hat sich seit Jahresbeginn geringfügig verringert und bleibt überwiegend negativ. Bei nur jedem sechsten Betrieb sind die Exportumsätze gestiegen, bei 43 Prozent sind sie gesunken. Die Auftragseingänge aus dem Ausland bleiben überwiegend rückläufig. Bei einem Fünftel der Befragten (20 Prozent) sind sie gestiegen, bei rund einem Drittel (31 Prozent) gesunken. Die Mehrzahl der Befragten erwartet kaum Veränderungen im Auslandsgeschäft. Ein Viertel der Unternehmerinnen und Unternehmer geht von einem Rückgang der Exportnachfrage aus, 18 Prozent rechnen mit einem Anstieg.
Die Ertragslage der Betriebe bleibt weiterhin schlecht. 38 Prozent der Befragten berichten davon, dass ihre Erträge gesunken sind. Ein Fünftel meldet gestiegene Erträge.
Die Investitionspläne der Betriebe steigen geringfügig, allerdings will nur eine kleine Mehrzahl der Befragten die Investitionsausgaben erhöhen. 26 Prozent wollen in den kommenden Monaten mehr investieren als zuletzt, 20 Prozent rechnen mit einem Rückgang der Investitionen, 13 Prozent der Betriebe wollen gar nicht investieren.
Der Bedarf an Mitarbeitenden ist in den vergangenen Monaten wieder angestiegen. Ein Viertel der Befragten rechnet mit einem Anstieg der Beschäftigung, 22 Prozent gehen von einem Rückgang aus. Weiterhin gibt fast jeder zweite Befragte an, dass offene Stellen derzeit längerfristig nicht besetzt werden können. Schulabgänger und Azubis werden dabei von den meisten Unternehmen gesucht (44 Prozent), aber auch Fachwirte, Meister und Menschen mit einem sonstigen Weiterbildungsabschluss beziehungsweise mit einer dualen Berufsausbildung werden von vielen Betrieben (41 Prozent) gesucht. Kurzarbeit haben aktuell 6 Prozent der Betriebe angemeldet, nur 3 Prozent rechnen kurzfristig damit.
Bei der aktuellen Konjunkturumfrage hat die IHK Aachen mit den Vereinigten Industrieverbänden von Düren, Jülich, Euskirchen und Umgebung e. V. (VIV) kooperiert und Unternehmerinnen und Unternehmer gemeinsam befragt. Der Konjunkturbericht ist auf der Internetseite der IHK Aachen unter www.ihk.de/aachen/konjunkturbericht zu finden.
Geschäftslage und Erwartung in den Teilregionen
Städteregion Aachen: Stadt Aachen
Die Geschäftslage der Unternehmen in der Stadt Aachen ist weiterhin überwiegend positiv. 44 Prozent berichten von guten Geschäften, 15 Prozent von schlechten. Der Saldo stieg um +4 auf +29 Punkte. Die Aussichten bleiben allerdings auf niedrigem Niveau. 20 Prozent der Befragten rechnen mit einer Verbesserung der Lage, 23 Prozent sind skeptisch. Der Saldo wuchs von -5 auf -3 Punkte.
Übrige Städteregion Aachen
Im ehemaligen Kreis Aachen hat sich die negative Situation der Betriebe nur leicht verbessert. 16 Prozent der Befragten sind mit ihrer Lage zufrieden, 30 Prozent sind es nicht. Der Saldo stieg um +5 auf -14 Punkte. Die Erwartungen haben sich verbessert, bleiben aber überwiegend negativ: 23 Prozent der Betriebe gehen von einer Verbesserung der Geschäfte aus, 34 Prozent von einer Verschlechterung. Der Saldo stieg von -25 auf -11 Punkte.
Kreis Düren
Im Kreis Düren ist die Lage der Betriebe ausgewogen: 27 Prozent bewerten die Lage als gut, 26 Prozent als schlecht. Der Saldo stieg um +10 Punkte auf +1 Punkt. Die Aussichten haben sich dagegen verschlechtert: Nur 17 Prozent rechnen mit einer positiven Entwicklung, 30 Prozent mit einer negativen. Der Saldo sank um -2 auf -13 Punkte.
Kreis Euskirchen
Die Lage der Unternehmen im Kreis Euskirchen hat sich verbessert, wird aber von der Mehrzahl der Befragten negativ bewertet. 25 Prozent melden eine gute Geschäftslage, 39 Prozent sind unzufrieden. Der Saldo stieg damit um +7 auf -14 Punkte. Mit Veränderungen in den kommenden Monaten rechnen die Unternehmerinnen und Unternehmer dagegen nicht: 20 Prozent der Befragten erwarten eine positive Entwicklung, 19 Prozent rechnen mit schlechteren Geschäften. Der Saldo stieg um +12 Punkte auf +1 Punkt.
Kreis Heinsberg
Im Kreis Heinsberg bewerten die Betriebe ihre Lage zwar weiterhin überwiegend gut, allerdings schlechter als zum Jahresbeginn. 27 Prozent sind mit der Lage zufrieden, 22 Prozent schätzen sie als schlecht ein. Der Saldo sank um -8 auf +5 Punkte. Die Erwartungen haben sich verbessert, allerdings rechnen auch hier die Unternehmerinnen und Unternehmer mit keinen spürbaren Veränderungen. 26 Prozent rechnen mit besseren Geschäften, 25 Prozent erwarten eine Verschlechterung. Der Saldo stieg um +12 Punkte auf +1 Punkt.
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