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13. November 2019

Kreativer Holzbau von Menschen mit Behinderung

Teams der Nordeifelwerkstätten-Standorte Zingsheim und Ülpenich präsentieren auf der „Aquanale“-Messe Köln neue Design-Sauna-Möglichkeiten und eine innovative Infrarotkabine, die es sogar in einen Innovationspreis-Wettbewerb geschafft hat

Viel Platz innen bei kompakten Außenmaßen: Das NEW Team Silas Mey-Helm (v.l.), Dirk Gerhardt, Simon Mertens, Roberta Nicolodi, Christian Merks und Dorothe Emmerichs präsentiert eine ihrer Premium-Saunen. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Viel Platz innen bei kompakten Außenmaßen: Das NEW Team Silas Mey-Helm (v.l.), Dirk Gerhardt, Simon Mertens, Roberta Nicolodi, Christian Merks und Dorothe Emmerichs präsentiert eine ihrer Premium-Saunen. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Köln/Zingsheim/Ülpenich – Die Nordeifelwerkstätten (NEW) sind als Dienstleister und Werkstatt rund um die Bedürfnisse von Menschen mit psychischen, geistigen und körperlichen Behinderungen bekannt. Während der Flüchtlingskrise kam die Schreinerei der NEW am Standort Nettersheim-Zingsheim in die Schlagzeilen: Denn als es bundesweit keine Betten mehr für die Unterkünfte gab, zeigte sich das NEW-Team flexibel und entwickelte kurzerhand ein steckbares Holzbett, um den Engpass abzumildern. Doch auch im eigentlichen Kerngeschäft der Holzproduktion in Nettersheim-Zingsheim und Zülpich-Ülpenich, dem Saunabau, bewiesen Mitarbeiter und Beschäftigte jetzt wieder eine Innovationskraft, an der andere Unternehmen sich ein Beispiel nehmen könnten.

Denn auf der Messe „Aquanale“ in Köln präsentieren Mitarbeiter und Beschäftigte zwei Saunen, die nach Wunsch mit verschiedenen Optiken von Holzarten über Schiefer bis zu gepresstem Kräutergras samt Wiesenduft verkleidet werden können, sowie eine großzügige Infrarotkabine mit Glasfront und farbig wechselbarer LED-Beleuchtung. Roberta Spiezia Nicolodi, bei den NEW Zingsheim für das Marketing verantwortlich: „Wir waren bislang für gute Qualität beim Saunabau bekannt, aber weniger für Innovation. Herkömmliche Saunen verkaufen sich aber nicht mehr so gut.“ NEW-Schreinermeister Christian Merks ergänzte: „Es gibt einen hohen Qualitätsanspruch im Innenausbaumarkt. Viele möchten dabei eine private Wellnessoase innenarchitektonisch angepasst verwirklichen.“

Dazu gehöre eine breite Angebotspalette an Holzarten, verschiedene Oberflächenstrukturen der Hölzer von glatt über gebürstet bis grob gehackt „wie frisch aus dem Wald“, Verkleidungen hergestellt aus geschichteten alten Balken für echten „Antik-Look“, weitere Materialien wie Glas, Edelstahl oder Gesteinsarten. Merks: „Und wer eine Glasfront in seiner Sauna hat, möchte nicht auf Stützen schauen.“ Deshalb bietet die Saunamanufaktur, die europaweit Hersteller und Vertriebe beliefert, auch „schwebende“ Saunaliegen an. Dazu werden unsichtbare Stahlstützen in die Wände eingebaut.

Solche Neuerungen erfordern aufgrund anderer Arbeitsprozesse eine hohe Flexibilität der festangestellten Mitarbeiter und der Beschäftigten mit Behinderung. Gerade bei letzteren wird eine hohe Anpassungsfähigkeit manchmal in Frage gestellt – oft aus mangelnder Erfahrung mit diesen Menschen. Die Praxis sehe aber anders aus, wie Nicolodi sagte: „Als ich mit den neuen Ideen kam, hatte ich einen gewissen Widerstand erwartet – wie oft in Betrieben. Aber das Team war sofort interessiert – es hieß nicht »geht nicht«, sondern »probieren wir aus«. Wichtig dabei ist, dass unsere Schreiner alle eine zweite Ausbildung für die Begleitung von Menschen mit Behinderung haben.“ Denn es sei schon eine Herausforderung, sich als Werkstatt für Menschen mit Behinderung dem freien Markt zu stellen. Bei Menschen mit Handicap schwanke die Produktivität je nach Tagesform schon stärker. Wett mache das aber ihre Freude an der Arbeit, die hohe Kollegialität und die hohe Identifikation mit der Tätigkeit. Merks: „Eine solche Qualität und Einsatzbereitschaft wie von unseren Beschäftigten würden sich viele Unternehmen am ersten Arbeitsmarkt wünschen!“

Das konnte man auf der Messe auch von den beiden Beschäftigten Dirk Gerhardt und Silas Mey-Helm selbst erfahren. Gerhardt ist Spezialist für Sauna-Türen – wichtig ist bei den NEW, die Beschäftigten optimal nach ihren individuellen Stärken und Interessen einzusetzen. Dirk Gerhardt: „Wir haben einen richtig guten Zusammenhalt. Die Arbeit macht mir Spaß, wir unterstützen uns gegenseitig.“ Sichtlich stolz präsentieren die beiden ihre Produkte, die millimetergenau an Raumgrößen oder sogar Dachschrägen angepasst werden können. Silas Mey-Helm: „Ich arbeite gerade mit Holz sehr gerne. Wichtig ist, sich mit den Kollegen immer gut abzusprechen. Manche Arbeiten gehen schnell, bei anderen braucht man eben etwas länger, etwa wenn es neue Arbeitsschritte oder Maschinen gibt.“

Gerade der moderne Maschinenpark und die kurzen Beschaffungszeiten von neuen Holzbearbeitungswerkzeugen führe aber zu der hohen Flexibilität, wie Roberta Nicolodi erklärte. Die Arbeitssicherheit habe dabei aber natürlich immer Vorrang, wie Schreiner Simon Mertens betonte: „Wir haben im Vergleich mit »normalen« Betrieben sehr geringe Unfallzahlen.“ Wichtig sei auch der Kontakt zu den Firmen, die die Eigenprodukte des NEW-Saunabaus vertreiben, sagte Schreinermeisterin Dorothe Emmerichs. Sie entwirft in technischen Zeichnungen etwa nach Kundenwünschen die neuen Kabinen.

Wie gut das soziale Miteinander funktioniere, könne man nicht nur daran erkennen, dass man manche Beschäftigte förmlich in den Urlaub treiben müsse, so Merks: „Unsere Werkstätten sind für die Beschäftigten ein wichtiges soziales Gefüge, wo es nicht nur Kollegen gibt, sondern eben auch Freunde und Beziehungen.“ Weitere Informationen im Internet: www.new-saunabau.de

Eifeler Presse Agentur/epa

Kategorien:
ArbeitsWelt · LebensWelten

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Autor(in): Klaus Schäfer
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