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© Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
5. Dezember 2018

„Wenn es brennt, müssen wir rufen“

Hans Bösch referierte zum 20jährigen Bestehen des Fördervereins LVR-Industriemuseum Kuchenheim: Christlich-humanistische Werte sind nicht mehr gesellschaftlicher Konsens – Kritik an den Kirchen, die sich mit übertrieben liberalen Positionen (evangelisch) sowie Klerikalismus, Vertuschung von Missbrauch und mangelnder Partizipation von Frauen ihren Imageverlust teilweise selbst zuzuschreiben haben

Euskirchen-Kuchenheim – Die Welt verändert sich rasend, selbst die Demokratie verändert ihr Angesicht so gründlich, dass man sich manchmal die Augen reibt. Und das, was gestern noch unveränderbarer Konsens unter Menschen guten Willens war und so etwas wie ein Erbe an Menschlichkeit zu sein schien, wird heute zur Disposition gestellt.

Über Werteverlust und probate Mittel des christlichen Humanismus dagegen referierte Hans Bösch, der Ehrenvorsitzende des Fördervereins des LVR-Industriemuseums, Tuchfabrik Müller, jetzt in der Reihe „Persönlichkeiten im Museum“. Und zwar vor einem voll besetzten Auditorium im Vortragsraum „Mottenburg“ des Museums.

Heinz Otto Koch, der Vorsitzende der Freunde und Förderer des Rheinischen Industriemuseums Kuchenheim, stimmte eine voll besetzte „Mottenburg“ auf das Wertereferat seines Vorgängers Hans Bösch ein. Der Förderverein beging damit sein 20jähriges Bestehen. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Ein CDU-Mann habe ihm auf die Frage, ob er denn heute in der Union noch christliche Werte vertreten könne, geantwortet: „Ich mache mich doch nicht unbeliebt.“ Ähnlich gründlich ging Ex-Kreissparkassendirektor Hans Bösch, der sich zeitlebens in der evangelischen Kirche und für die Ökumene engagiert, mit den Kirchen ins Gericht: „Für uns Christen gibt es keinen Winterschlaf. Wenn es brennt, dann müssen wir rufen.“

Hans Bösch, der sich zeitlebens in der evangelischen Kirche und für die Ökumene engagiert, ging mit den Kirchen ins Gericht: „Für uns Christen gibt es keinen Winterschlaf. Wenn es brennt, dann müssen wir rufen.“ Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Stattdessen hielten es „Kardinal Reinhard Marx und Heinrich Bedford-Strohm für Ökumene, wenn sie sich gegenseitig umarmen. Und andere sind schon zufrieden, wenn die Chöre der evangelischen und der katholischen Kirche zusammen singen.“ Bösch sparte nicht mit Kritik an einer in vielen Fragen zu laschen und unpräzisen Haltung seiner evangelischen Kirche.

„BWL-Terminologien täten Kirche gut“

Gleichzeitig verurteilte Bösch im Beisein der Pfarrer Edgar Hoffmann, Felix Dörpinghaus und Peter Berg sowie Superior Paul Cyrys von Kloster Steinfeld und der Diakone Horst Lennartz und Manfred Lang in der katholischen Kirche die Vertuschung von sexuellem Missbrauch, mangelnde Partizipation für Frauen und eine immer noch überhebliche Art gegenüber evangelisch-lutherischen Kirchen.

Blumen überreichte Fördervereinsvorsitzender Heinz Otto Koch an Hildegard Bösch, die Frau des Referenten und Ehrenvorsitzenden. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

In einer Zeit, in der gerade aus dem christlichen Glauben heraus Werte definiert und klare Orientierung gegeben werden müssten, litten die Kirchen unter von massivem übertriebenen Klerikalismus (katholisch) und Liberalismus (evangelisch) befeuerten hausgemachten Imageverlust.

Diplom-Kaufmann und Betriebswirt Hans Bösch: „Einige Terminologien aus der Betriebswirtschaftslehre könnte die Kirche gut gebrauchen.“ Andererseits habe er während seines BWL-Studiums wenig über ethisch-moralische Gesichtspunkte der Wirtschaft gehört.“

Über Werteverlust und probate Mittel des christlichen Humanismus dagegen referierte Hans Bösch vor einem voll besetzten Auditorium im Vortragsraum „Mottenburg“ des Kuchenheimer Museums. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Hans Bösch konstatierte vor einem am Applaus gemessen stark beeindruckten Publikum: „Es geht nicht um Spinnerei. Wir haben christliche Werte grob vernachlässigt.“ Was ihn selbst betreffe, so könne er „mit der Bitte um Nachsicht für alle meine Unzulänglichkeiten Zeugnis dafür ablegen, dass Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit, Treue, Zuverlässigkeit und Vertrauen in die Führung Gottes sich bewährt“ hätten.

„Das war ein sehr, sehr guter Vortrag“, fasste Heinz Otto Koch, Hans Böschs Nachfolger als Vorsitzender der „Freunde und Förderer des Industriemuseums“, am Ende zusammen. Er hatte schon vor Beginn des Vortrages über seinen früheren Vorstandskollegen und Chef in der Bank erklärt: „Dieser Mann war und ist immer noch stets präsent. Er ist aufmerksam, freundlich, hilfsbereit, korrekt und aufrecht.“ Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

„Das war ein sehr, sehr guter Vortrag“, fasste Heinz Otto Koch, Hans Böschs Nachfolger als Vorsitzender der „Freunde und Förderer des Industriemuseums“, am Ende zusammen. Er hatte schon vor Beginn des Vortrages über seinen früheren Vorstandskollegen und Chef in der Bank erklärt: „Dieser Mann war und ist immer noch stets präsent. Er ist aufmerksam, freundlich, hilfsbereit, korrekt und aufrecht.“

Eigentlich wollte er Tierarzt werden

Hans Bösch war zum 20jährigen Bestehen des von ihm 1998 mitgegründeten Fördervereins als Referent im Rahmen der Reihe „Persönlichkeiten im Museum“ eingeladen worden. Der Diakon und Journalist Manfred Lang, dem die Aufgabe zukam, Bösch vorzustellen und zu charakterisieren, sagte: „Sein Thema wird etwas moralisch Existenzielles sein, wie nicht anders vermuten wird, wer Hans Bösch näher kennt nicht nur als ökonomischer, sondern auch als ökumenisch denkender kulturell hochinteressierter und inspirierter Mensch.“

Zwei über Jahrzehnte engagierte Kreistagsabgeordnete befanden sich in Hans Böschs Zuhörerschaft: Ex-Caritasgeschäftsführer und Vize-Landrat Bruno Grobelny (r.) und Hans Böschs Sparkassenkollege Hans-Josef Engels. Auch auffallend viele Geistliche beider Konfessionen wurden im Publikum gesichtet. Hans Bösch hält engen geistlichen Kontakt zu Theologen der evangelischen und der katholischen Kirche. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Humanistische Werte seien Bösch auch im so genannten „richtigen Leben“ so wichtig, dass „er im Angesicht ihres galoppierenden Verlustes Tränen zu vergießen in der Lage“ sei. „Werte, die ihm wichtig waren, hat er schon zu Sparkassenzeiten inner- und außerhalb der Bank verteidigt“, so Lang: „Schon 1980 gründete er den evangelischen Männerkreis. Er war aber auch in seinem Rotary-Club, im Frauenkreis und im Kloster Steinfeld ein gern gehörter Redner.“

Heinz-Otto Koch begrüßt rund 150 Zuhörer im vollbesetzten Vortragsraum der „Mottenburg“ des Rheinischen Industriemuseums Kuchenheim. Beim kleinen Empfang zum 20jährigen Vereinsjubiläum nach Hans Böschs Wertereferat konstatierte der Vorsitzende des Museumsfördervereins: „Ich habe nachher nur Lob und Anerkennung für Hans Böschs Worte gehört!“ Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Eigentlich habe der junge Kleveraner Tierarzt werden wollen, „aber das Leben hatte anderes mit ihm vor“, so der Moderator: „Mit hohen Ansprüchen an sich selbst und an ein mehr als nur halbwegs anständiges Leben hat es sich Hans Bösch dabei nie leicht gemacht. Und er wird es uns mit seinem Referat auch nicht leicht machen.“

Obwohl das so kam, schienen die Zuhörer sich gerne so kritisch und pointiert mit der Bedeutung der Werte und ihrer Bedrohung auseinanderzusetzen. Heinz-Otto Koch: „Ich habe nachher nur Lob und Anerkennung für Hans Böschs Worte gehört!“

pp/Agentur ProfiPress

Kategorien:
Kultur

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Autor(in): Klaus Schäfer
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