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© Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
11. September 2018

Poesie in tragbaren Stücken

Drei große rheinische Vertreter moderner Lyrik begeisterten bei der Lit.Eifel 2018 auf dem Kulturhof Velbrück in Weilerswist – Einfühlsame Pianoklänge zwischen wunderbaren Sprachbildern begeisterten vor vollbesetztem Auditorium

Weilerswist – Was ist der Unterschied zwischen Schriftstellern und Poeten? Die Grenzen sind fließend und Geschmackssache, doch der Lit.Eifel 2018 gelang es jetzt ohne jeden Zweifel, drei handverlesen gute moderne Lyriker zu einer Lesung im Kulturhof Velbrück in Weilerswist-Metternich zu versammeln. Die Veranstaltung war zu recht „Ein Abend für die Poesie“ überschrieben worden.

Drei rheinische Vertreter der modernen Poesie begeisterten in Weilerswist (von links): Frank Schablewski, Hartwig Mauritz und Christoph Leisten. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Vor prall gefülltem Auditorium begrüßten Nino Laufens vom Verlag Velbrück und die Weilerswister Bürgermeisterin Anna-Katharina Horst die Dichter Hartwig Mauritz, Frank Schablewski und Christoph Leisten im umgebauten, aber noch erkennbaren Ambiente einer Stallung des zum „Kulturhof“ umgebauten landwirtschaftlichen Gehöftes. Einfühlsam und unspektakulär leitete der junge Pianist Nico Schumacher zwischen den Gedichten mit Eigenkompositionen über.

Das Publikum in einer früheren Stallung des Kulturhofes Velbrück in Metternich war hörbar begeistert. Langanhaltender Applaus dankte den Poeten für einen trotz quantitativer Überfrachtung wunderbaren Abend. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Was auch nötig war, denn Lyrik in dieser Vielzahl und Fülle muss erst mal verstanden, nachgefühlt und wohl auch geistig „verdaut“ werden. Was nie und nimmer jedem für alle Gedichte und Sprachpirouetten des Abends gelungen sein kann. Aber jede der Zuhörerinnen und jeder der Literaturfans, die sich zur Lit.Eifel-Lesung versammelt hatten, wird etwas für sich und fürs Leben mitgenommen haben.

Drei Varianten mit den gleichen Wörtern

Nicht nur dieses, aber zum Beispiel das Meisterwerk „Spielraum“ des vielfach ausgezeichneten Frank Schablewski, auswendig und frei vorgetragen, dreimal mit den gleichen Wörtern, aber jeweils sprachlich variiert, unterschiedlich pointiert, mit anderer Betonung und anderem Sinn. Die Stimmung im Gedicht wandelt sich so hör- und spürbar von konfliktbeladen zu friedvoll. Das war große Dichtung und brillante Rhetorik.

Christoph Leisten, seines Zeichens Germanist und Lehrer, Mitherausgeber der Zeitschrift „Zeichen & Wunder“ und stimmungsreicher Reiseprosaist über Nordafrika, hatte den „Abend für die Poesie“ für die Lit.Eifel 2018 vorgeschlagen und vorbereitet. Er brachte in der Dichterszene berühmtere Kollegen als er selbst mit, so sein Kommentar. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Der „Abend für die Poesie“ war dreigeteilt. Erst lasen die drei Dichter, die auch gute Rezitatoren sind, Lyrik von Rose Ausländer, Dagmar Nick, Ernst Meister; Ingeborg Bachmann, Elisabeth Axmann und Tuvia Rübner. Dann kamen eigene Werke zum Vortrag aus der Feder des unter anderem mit dem „Dresdner Lyrikpreis“ ausgezeichneten Hartwig Mauritz, der mit dichterischen Streifzügen durch Eifel und Hürtgenwald im Nebel der lyrischen Abstraktion geographische Orientierung gab.

Zwei Sprachakrobaten mit großem Einfühlungsvermögen: Frank Schablewski und Hartwig Mauritz gaben den Lyrikfans sprachliche und geographische Orientierung im Nebelritt durch surreale Welten. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Zündend und variationsreich wie angedeutet die Gedichte Frank Schablewskis, facetten- und assoziationsreich die ungereimten Verse Christoph Leistens, seines Zeichens Germanist und Lehrer, Mitherausgeber der Zeitschrift „Zeichen & Wunder“ und stimmungsreicher Reiseprosaist über Nordafrika.

In einem dritten und letzten Teil versuchten sich die drei glänzend aufgelegten Poeten in einem Experiment, jeweils eigene Werke durch abwechselnden Vortrag miteinander zu verweben. So sollte der Beweis für die Eingangsthese des Abends erbracht werden, dass „Lyrik nicht am Schreibtisch entsteht, sondern im Netzwerk“.

Bürgermeisterin Anna-Katharina Horst bedankte sich nachdrücklich für die kulturelle Bereicherung des Gemeindelebens durch das neuerliche Gastspiel der Lit.Eifel in der nördlichsten Kommune des angezeigten Festivalgebietes. Foto: Sarah Winter/pp/Agentur ProfiPress

Der Abend bot großartige Sprachbilder in einer kaum fassbaren Fülle, was es den Zuhörern nicht leichtmachte. Eine kleine Auswahl lässt das auch den erahnen, der im Stall des Kulturhofs Velbrück diesmal nicht dabei war.

Den Schlaf aus den Decken klopfen

„Wörter schlagen gegen Fenster und bitten um Einlass“, „Hürtgenforest, Granateinschlag, Rauch, Augen fliegen durchs Niemandsland, Wüstung Wollseifen, Nebelgeister, Knochenbegleiter“ oder „Wiesen und Weiden, auf denen die Bauern Jahreszeiten verteilen“.

Vor prall gefülltem Auditorium begrüßten Nino Laufens vom Verlag Velbrück und die Weilerswister Bürgermeisterin Anna-Katharina Horst die Dichter Hartwig Mauritz, Frank Schablewski und Christoph Leisten im umgebauten, aber noch erkennbaren Ambiente einer Stallung des zum „Kulturhof“ umgebauten landwirtschaftlichen Gehöftes. Einfühlsam und unspektakulär leitete der junge Pianist Nico Schumacher (hinten rechts) zwischen den Gedichten mit Eigenkompositionen über. Foto: Sarah Winter/pp/Agentur ProfiPress

„Zwischen Nacht und gehärtetem Tag“, „Wir müssen den Schlaf aus den Decken klopfen“, „Die Kamera zerlegt die Landschaft in tragbare Stücke“ und schließlich: „Die erste und die letzte Nacht, die Art, wie Du mich an die Hand nimmst, wenn wir die Straße überqueren, genügt, um nicht zu vergessen, wie einsam es auf der anderen Seite ist“.

Das Publikum war hörbar begeistert. Langanhaltender Applaus dankte den Poeten für einen trotz quantitativer Überfrachtung wunderbaren Abend. Und Bürgermeisterin Anna-Katharina Horst bedankte sich nachdrücklich für die kulturelle Bereicherung des Gemeindelebens durch ein neuerliches Gastspiel der Lit.Eifel in der nördlichsten Kommune des angezeigten Festivalgebietes.

pp/Agentur ProfiPress

 

Kategorien:
Kultur

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Autor(in): Klaus Schäfer
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