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© Stephan Everling/pp/Agentur ProfiPress
23. Mai 2018

„Schwazze Kerl“ für „schwazze Männ“

Düttlinger Holzkohlenmeiler am Rande des „Wilden Westens“ der Stadt Mechernich wurde Pfingsten mit „Friedenslicht von Bethlehem“ entzündet – Gerd Linden lernte das Köhlerhandwerk vor vielen Jahren von den letzten Holzköhlern Stollenwerk aus Schmidt – Lange Zeit wurden die Meiler in Kommern und Düttling im jährlichen Wechsel abgefackelt – Köhlermeister ließ in der Vulkaneifel Spezialbockbier für die Meilerfeste brauen

Düttling/Mechernich – Köhler müssen für ihren Beruf glühen, dürfen gleichzeitig aber keinesfalls Feuer und Flamme sein. Denn Holzkohle wird unter streng dosierter Luftzufuhr hergestellt. Die Buchenscheite sollen verkohlen, nicht verbrennen. Deshalb müssen Köhler über eine Woche Tag und Nacht beim Meiler bleiben, um den Vorgang zu überwachen, und mal mehr, mal weniger Luft an die Glut lassen.

„Wenn der Rauch schnell wird, füllen wir »Füchse« auf, die nur halb verkohlten Scheite vom letzten Jahr“, erklärte der Düttlinger Chefköhler Gerd Linden, frisch pensionierter Museumslandwirt des Freilichtmuseums in Kommern.

Die Pfadfinder Anna Reetz und Volker Bertram stehen mitten im Qualm des Meilers. Foto: Stephan Everling/pp/Agentur ProfiPress

Damit es den Holzkohleherstellern des 21. Jahrhunderts „auf dem Düttling“ am Rande der Stadt Mechernich nicht ganz so langweilig wird bei dieser zeitraubenden Prozedur, haben sie Meiler-Feste erfunden, bei denen ihnen Schaulustige und Interessenten Gesellschaft leisten, während sie die Glut überwachen und steuern.

Das erste Meilerfest des Düttlinger Holzkohlenreaktors 2018 fand Pfingsten statt. Damit der Heilige Geist, der oft als Feuerzungenregen dargestellt wird, den mühsam aufgeschichteten Buchenholzstapel entzünden möge, hatten sich Köhlermeister Gerd Linden und seine Gefährten dieses Jahr tatsächlich einer religiösen Zündquelle bedient.

Scouts brachten „Friedenslicht“

Pfadfinder aus der Gemeinde Blankenheim brachten das Friedenslicht von Betlehem, das seit seiner Entzündung in der Geburtsgrotte im Heiligen Land Mitte Dezember erst nach Europa transportiert, unter anderem in Wien, Köln und Blankenheim-Rohr an diverse Pfadfinderstämme verteilt und für den Düttlinger Meiler in der Pfarrkirche Heimbach aufbewahrt worden war. Fünf Pfadfinder aus Rohr trugen es von dort an den Meilerplatz, vorsichtshalber in doppelter Ausführung.

Dabei handelte es sich um die Scouts Regina Fürtsch, Anne Reetz, Volker Bertram, Justin Ville und Jana Künzel. Gemeinsam mit Gerd Linden, dem stellvertretenden Nationalpark-Chef Michael Lammertz, dem Heimbacher Pfarrer und Dürener Regionaldekan Hans Doncks und Landesforstverwaltungschef Hubert Kaiser, der den verhinderten Umweltstaatssekretär Dr. Heinrich Bottermann vertrat, kletterten sie auf den Meiler und entzündeten ein kleines Feuer.

Mit Grassoden hat Gerd Linden (M.) nach dem Anzünden das Spundloch des Meilers verschlossen. Foto: Stephan Everling/pp/Agentur ProfiPress

Der Holzkohlenreaktor am Rand des Kermeter bei Düttling fasst dieses Jahr 60 Kubikmeter Holz. Er ist der sechste Meiler in der noch jungen Geschichte der Renaissance Eifeler Köhlereiwirtschaft.

Zur Zeit der Eisenindustrie und Verhüttung im Schleidener Tal glommen Hunderte Meiler auf den Höhenrücken ringsum. Die Buchenurwälder wurden abgeholzt und kahlgeschlagen und zu Holzkohle verheizt. Eine frühe Umweltkatastrophe war die Folge. Preußen forsteten den kahlgeschlagenen Hohen Kermeter in der nachnapoleonischen Ära mit der Fichte wieder auf, dem so genannten „Preußenbaum“.

„Auf dem Düttling“ Wetter „gemacht“

Der Meiler sei in diesem Jahr etwas kleiner als die vorhergehenden, erläuterte Linden dem Publikum, während sich zu seinen Füßen genug Glut entwickelte, um den Meiler zu entzünden. Wenn der Holzhaufen zu groß werde, bestehe die Gefahr, dass sich explosive Gase bilden.

Da man den angestammten Meilerplatz um 200 Meter verlegt hatte, steht der Holzkohlenreaktor dieses Jahr auf Schleidener Stadtgebiet, obwohl „der Düttling“ strategisch und beziehungstechnisch zum „Wilden Westen“ der Stadt Mechernich und politisch zur Stadt Heimbach und damit zum Kreis Düren gehört. „Ich bin trotzdem gekommen“, erklärte der Heimbacher Bürgermeister Peter Cremer dem Reporter Stephan Everling im „Dreigemeindeneck“, wo laut Volksmund das Wetter gemacht und der Wind „um die Ecke getragen“ wird.

„Schwazze Kerl“ heißt das 7,1 Prozent starke Doppelbockbier, das die Köhler Daniel Linden (l.) und Jakob Gresser hier verkosten. Foto: Stephan Everling/pp/Agentur ProfiPress

Stephan Everling schreibt in „Kölnischer Rundschau“ und „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Die schwarze Farbe verdankt der mehrere Meter hohe Hügel der »Köhlererde«, mit Asche versetztem Mutterboden, der mit einer Schicht Grassoden als luftdichte Abdeckung für den Holzhaufen dient. Diese wird immer wieder verwendet, erläuterte Linden, der das Handwerk von den letzten Köhlern der Eifel, den Gebrüdern Stollenwerk aus Schmidt, erlernt hatte.“

Bieretikett von Ralf Kramp

„Die Erde für den ersten Meiler haben wir von einem alten Meilerplatz in Vossenack geholt“, erzählte der frisch pensionierte jahrzehntelange Museumslandwirt des Rheinischen Freilichtmuseums Kommern. Dort, auf Mechernicher Stadtgebiet, hatte Linden in der Vergangenheit ebenfalls jahrelang Holzkohlenmeiler kontrolliert abgebrannt. Lange Zeit fanden die Meilerbrände in Kommern und Düttling im jährlichen Wechsel statt.

Die Pfadfinder aus Rohr brachten das Friedenslicht: Regina Fürtsch (v.l.), Hannah Schlemmer, Jana Künzel, Justin Ville, Volker Bertram und Anna Reetz. Foto: Stephan Everling/pp/Agentur ProfiPress

Bis zum nächsten Wochenende soll der Meiler rauchen, bevor sein Inhalt gelöscht wird. Besucher sind auch dann herzlich willkommen. „Dann haben wir auch Zeit, mit den Leuten zu plaudern, beim Aufbau sind wir schon etwas nervös, ob alles klappt“, sagte Daniel Linden, Sohn des Köhlerchefs, der sich für die Tage extra Urlaub genommen hat.

Dabei soll auch spezielles Meilerbier zum Einsatz kommen, das Gerd Linden in Auftrag gegeben hat. „Es heißt „Schwazze Kerl“ und ist ein Doppelbockbier mit 7,1 Prozent“, erläuterte der Biersommelier Michael Starkel vom Hotel „Landhauszeit“ in Bad Münstereifel. Das süffige Getränk ist in einer kleinen Brauerei in Mendig in der Vulkaneifel gebraut worden. Das Etikett wurde von dem Krimiautor und Karikaturisten Ralf Kramp gestaltet.

pp/Agentur ProfiPress

Kategorien:
Tourismusregion · Wald & Holz

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Autor(in): Klaus Schäfer
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