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24. April 2017

tanzwärts 2017

SUCHE NACH HEIMAT.

Düren „Fünf, sechs, sieben, acht“, leise zählt Ronja Nadler ein. Auf ein Zeichen der Choreografin setzt sich die Gruppe in Bewegung. Frauen und Männer, in deren Gesichtern höchste Konzentration steht. Die Proben zu tanzwärts 2017, Dürens zweitem Community Dance Projekt, haben begonnen. In den nächsten sechs Wochen werden sich insgesamt rund 70 Dürenerinnen und Dürener tänzerisch auf die Suche nach ihrem „Sehnsuchtsort Heimat“ machen. Sechs Wochen, die aus ihnen Tänzer machen, denn am Ende werden sie gemeinsam auf der Bühne stehen. Am Freitag, 2. Juni, ist die Premiere dieses Projekts von Düren Kultur im Haus der Stadt.

„Konzentration. Guckt gerade aus, werdet ruhig im Körper, schaltet den Kopf aus“ – noch ist die Gruppe, die Ronja Nadler in der Aula der Cornetzhofschule gerade zu den Klängen des Rappers Childish Gambino trainiert, ganz am Anfang, auch wenn einige Teilnehmerinnen schon im ersten Projekt dabei waren. Jetzt geht es um eine neue Gruppe, eine neue Choreografie. Insgesamt arbeitet das künstlerische Team, bestehend aus den beiden Choreografinnen Ronja Nadler und Karen Piewig, dem künstlerischen Leiter Dirk Kazmierczak und Ausstatter André Buch mit vier Gruppen vier Choreografien, die zum Schluss zu einem Tanzabend vereint werden.

Das Thema ist der „Sehnsuchtsort Heimat“, passend zur Veranstaltungsreihe „Heimat – Sehnsucht – Identität“ von Düren Kultur. Heimat – ein Ort? Ein Gefühl? Etwas das schon immer da war oder dessen man beraubt wurde. Ein Ort der schönen oder leidvollen Erinnerungen? Was dieser „Sehnsuchtsort Heimat“ ist, wo er sich befindet, wie er aussieht, das werden die gut 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den sechs Wochen Probenzeit gemeinsam herausfinden. Dabei wird das Verständnis von „Heimat“ ebenso unterschiedlich sein, wie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Im Projekt treffen ganz verschiedene Menschen aufeinander: Flüchtlinge aus Aserbaidschan, Syrien oder Afghanistan tanzen mit alteingesessenen Dürenern, die schon ihr ganzes Leben in der Rurstadt verbracht haben. Grundschüler der KGS Sankt Joachim in Düren Nord treffen auf  Senioren vom anderen Ende der Stadt. Der jüngste Teilnehmer ist 8 Jahre alt, die älteste Teilnehmerin wird demnächst 70. Eine Teilnehmerin sitzt im Rollstuhl, eine andere lebt mit einer schweren chronischen Erkrankung. All das, was sie jetzt noch unterscheidet, wird im Laufe der Probenzeiten kleiner, bis sie am Ende der Tanz und die drei Aufführungen verbinden. Manche nur für dieses Projekt, manche auch für länger.

Gabriele Dietz aus Düren weiß bereits, wie sich „das Gemeinsame“ am Ende anfühlen kann. Sie ist zum zweiten Mal dabei, ist die einzige Teilnehmerin im Rollstuhl sitzt. Sie weiß auch um die Anstrengungen, denn in den nächsten sechs Wochen ist zumindest an den Abenden keine Zeit für etwas anderes als den Tanz. Während der Woche wird täglich geprobt – auch an den bald kommenden Feier- und Brückentagen, und in der Endphase sogar samstags und sonntags. Ein hartes Pensum für alle. Warum tut sich die 66-Jährige das erneut an?  „Die Auseinandersetzung jeden Tag mit dem Körper hat mir gefehlt“, sagt Gabriele Dietz. Seit zwei Jahren ist sie auf den Rollstuhl angewiesen. Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung gibt es in Düren nicht und als einzige im Rollstuhl zu sitzen ist eine große Herausforderung. Nicht nur für sie, sondern auch für die anderen, wenn zum Beispiel der Rolli nicht so prompt reagiert, wie Gabriele Dietz es sich vorgestellt hat, und sie so versehentlich einem anderen Teilnehmer über die – nackten – Füße rollt. Doch der nimmt es mit Humor, ebenso wie Gabriele Dietz. Sie lacht und sagt: „Laufen kann ich nicht, aber tanzen. Eigentlich total verrückt“.

Der, dem sie über den Fuß gerollt ist, ist Torsten Leuchtenberg, dem man Tag förmlich ansieht, mit welch großer Leidenschaft er dabei ist. „Ich wollte immer schon so ein großes Tanzprojekt mitmachen“, erzählt der 40-jährige Sozialpädagoge, der in Köln wohnt, aber seine Heimat in Hürtgenwald-Gey hat. Er ist voller Begeisterung und Lob, dass ein solches Projekt ausgerechnet in Düren auf die Beine gestellt wird. Normalerweise fände man große Community Dance Projekte wohl eher in Großstädten. Dass er jeden Tag neben dem Vollzeitjob von Köln und zurück pendelt, ist für ihn kein Hindernis. Seine Kollegen und sein Arbeitgeber unterstützen ihn, halten ihm dem Rücken frei, damit er die Probenzeiten gestemmt bekommt.

Für Renate Schubert aus Jülich ist das Tanzprojekt noch komplettes Neuland. „Tanzen und tanzen – das ist nicht dasselbe“, sagt sie. Sich die Bewegungsabläufe zu merken, die später eine Tanzchoreografie ergeben, erfordere sehr viel Konzentration. Am liebsten würde sie alles filmen und tagsüber zuhause üben, doch Ronja Nadler macht ihr Mut: „Das schaffst du am Ende von ganz alleine. Wir wiederholen hier solange, bis es alle können!“

Ronja Nadler weiß genau wovon sie spricht. Sie hat Erfahrung mit Community Dance Projekten und bereits 2016 bei tanzwärts eine Gruppe Dürenerinnen und Dürener zum Tanzen gebracht.  Neu im künstlerischen Team ist die Mannheimer Choreografin Karen Piewig. Auch sie bringt Erfahrung im Community Dance mit und weiß, wie man Amateure und „Bewegungsneulinge“ zu einer gemeinsamen Bühnenpräsenz führt. Für die künstlerische Leitung konnte Dieter Powitz, Leiter von Düren Kultur, erneut Dirk Kazmierczak gewinnen. Der freischaffende Choreograf, Bewegungscoach und Tanzvermittler wird nicht nur die Choreografinnen in ihrer Arbeit unterstützen und die Choreografien zu einer großen zusammenführen. Gemeinsam mit dem Kostümbildner André Buch, der auch schon 2016 dabei war, arbeitet Dirk Kazmierczak auch am Bühnenbild. Wie das aussehen wird, will er aber noch nicht verraten – außer vielleicht, dass ausgerechnet Säcke eine Rolle spielen sollen.

Was er sich dabei gedacht hat, das kann das Publikum erleben, wenn alle Teilnehmer den „Sehnsuchtsort Heimat“ gefunden haben:

  • bei der Premiere am Freitag, 2. Juni, um 19 Uhr im Theater Düren im Haus der Stadt.
  • Zwei weitere Aufführungen finden am Samstag, 3. Juni, und Samstag, 10. Juni, statt.

Karten gibt es ab sofort für 6 Euro (erm. 3 Euro) im iPunkt Düren, Markt 6, Tel.: 02421 25-2525.

 

 

 

 

Fotos: tanz_gabriele: Bereits zum 2. Mal dabei: Gabriele Dietz tanzt im Rollstuhl bei tanzwärts mit.

Kontakt:

Margret Hanuschkin

Pressestelle, Kaiserplatz 2-4, 52349 Düren
Telefon: 02421 25-2236
Fax: 02421 25-180-2241

pressestelle@dueren.de

 

Kategorien:
Kultur

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Autor(in): Klaus Schäfer
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