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17. Juni 2016

Der Eifelwald verändert sich mit dem Klima

Im Holzkompetenzzentrum stellten Experten Strategien zur Bewältigung des Klimawandels vor

Nettersheim/Nordeifel – Es soll zwar immer noch Skeptiker geben, die den Klimawandel leugnen. Für diejenigen, die Tag für Tag mit dem Wald zu tun haben, ist die Erderwärmung dagegen mehr als bloße Theorie. „Jeder normale Mensch, der nicht die Augen verschließt, muss zu dem Ergebnis kommen, dass sich das Klima verändert“, sagte Horst-Karl Dengel, Leiter des Regionalforstamtes Hocheifel-Zülpicher Börde. Im Holzkompetenzzentrum Rheinland in Nettersheim zeigten sich die Experten sogar davon überzeugt, dass die Erderwärmung nicht nur längst ihren Lauf nimmt, sondern aller Anstrengungen zum Trotz auch nicht mehr gänzlich aufgehalten werden und nur noch eine Anpassung helfen kann.

„Als Realisten müssen wir erkennen, dass wir hier in Nordrhein-Westfalen ja trotz aller Anstrengungen beim Klimaschutz nicht auf einer Insel leben“, sagte Dr. Rainer Joosten vom NRW-Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz. Er war einer von vier Referenten bei einer Vortragsveranstaltung, zu der das Regionalforstamt Hocheifel-Zülpicher Börde ins Holzkompetenzzentrum eingeladen hatte. Rund 60 Vertreter der Forst- und Holzwirtschaft, der Waldeigentümer, der forstlichen Dienstleistungsunternehmen, der Naturschutzverbände sowie andere Interessenten waren erschienen, um zu erfahren, wie Wissenschaftler, Politiker und Praktiker den Folgen des Klimawandels im Eifelwald begegnen wollen.

Rund 60 Vertreter der Forst- und Holzwirtschaft, der Waldeigentümer, der forstlichen Dienstleistungsunternehmen, der Naturschutzverbände sowie andere Interessenten waren erschienen, um zu erfahren, wie Wissenschaftler, Politiker und Praktiker den Folgen des Klimawandels im Eifelwald begegnen wollen. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

Rund 60 Vertreter der Forst- und Holzwirtschaft, der Waldeigentümer, der forstlichen Dienstleistungsunternehmen, der Naturschutzverbände sowie andere Interessenten waren erschienen, um zu erfahren, wie Wissenschaftler, Politiker und Praktiker den Folgen des Klimawandels im Eifelwald begegnen wollen. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

„Dabei stehen die Experten vor der Aufgabe, die Multifunktionalität des Waldes zu erhalten“, erklärte Horst-Karl Dengel. Denn der Wald soll zum einen Naturschutz- und Erholungsraum mit großer biologischer Vielfalt für Tier und Mensch sein, zum anderem kommt ihm aber auch eine enorme wirtschaftliche Bedeutung zu. In NRW sind rund 180.000 Menschen in der Forstwirtschaft und in den holzwirtschaftlichen Branchen beschäftigt, der Umsatz beträgt 38 Milliarden Euro pro Jahr. In der Eifel sind es 1.300 Unternehmen mit 16.000 Beschäftigten und einem Umsatz von 3,3 Milliarden Euro pro Jahr.

„Temperatur und Niederschlagsmenge nehmen zu“, sagte Dr. Nicole Müller von der Koordinationsstelle Klimaschutz und Klimawandel beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz. In der Eifel mache sich dies durch trockene, heiße Sommer und nasse, zu milde Winter bemerkbar. Darunter leide in Teilen der Eifel – und hier vor allem im Bördebereich – der mit Abstand am stärksten verbreitete und wirtschaftlich wichtigste Baum für die Forstwirtschaft, die Fichte. Sie werde krankheitsanfälliger und vermehrt von Schadinsekten befallen. Auch der Eiche als zweithäufigstem Baum setze die Klimaveränderung teilweise zu, während die Buche nicht so stark reagiere.

Ein Problem bei der Bewältigung des Klimawandels sind die sehr langen Planungs- und Entwicklungszeiträume in der Forstwirtschaft. „Die waldbaulichen Maßnahmen müssen dem schnell fortschreitenden Klimawandel schneller angepasst werden, als es bisher der Fall ist“, betont Dr. Bertram Leder, Leiter der Schwerpunktaufgabe Waldbau und Fortvermehrungsgut beim Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberger Wald. Er sieht die Bedeutung heimischer Nadelbaumarten sinken, stattdessen gerieten fremdländische Bäume als Alternative verstärkt in den Fokus, die bereits an ein wärmeres Klima angepasst sind, wie beispielsweise die Douglasie, die Küstentanne, die Esskastanie oder Thujaarten. „Vor allem aber gehen die Bemühungen im Waldbau in Richtung eines strukturreichen Mischwaldes mit vielen Baumarten“, betonte er.

Was bedeutet der Klimawandel für den Eifelwald? Antwort auf diese Fragen gaben die Experten (v.l.n.r.) Dr. Bertram Leder, Thilo Wagner, Dr. Nicole Müller und Dr. Rainer Joosten, die auf Einladung von Horst-Karl-Dengel und Ralf Stadler vom Regionalforstamt Hocheifel-Zülpicher Börde ins Holzkompetenzzentrum Rheinland gekommen waren. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

Was bedeutet der Klimawandel für den Eifelwald? Antwort auf diese Fragen gaben die Experten (v.l.n.r.) Dr. Bertram Leder, Thilo Wagner, Dr. Nicole Müller und Dr. Rainer Joosten, die auf Einladung von Horst-Karl-Dengel und Ralf Stadler vom Regionalforstamt Hocheifel-Zülpicher Börde ins Holzkompetenzzentrum Rheinland gekommen waren. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

Insbesondere die Einführung fremdländischer Baumarten würde kontrovers diskutiert, räumte er ein, weil Naturschutzverbände die Invasion bestimmter Arten befürchten. Winterlinde, Hainbuche und Spitzahorn dagegen zählten beispielsweise zu heimischen Laubbaumarten mit erhöhter Trockenheitstoleranz. Alles in allem herrsche eine „große Unsicherheit“, so der Experte: „Bäume reagieren langsam, wir wissen alles nicht so genau.“ Aktionismus gelte es zu vermeiden und Entscheidungen nach wiederholten Situationsanalysen sukzessiv zu treffen.

Von zunehmenden Krankheitserregern aus dem Mittelmeerraum und großen Schwierigkeiten bei der Waldarbeit und Holzernte berichtete Thilo Wagner, der Leiter des forstlichen Bildungszentrums beim Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberger Wald. Waldarbeiter stünden vor der Herausforderung, die schweren Maschinen intelligent und mit großem Verantwortungsbewusstsein einzusetzen, um Bodenschäden auf einem geringen Niveau zu halten. „Ohne Bodenschäden geht es nicht mehr“, sagte er vor dem Hintergrund zunehmend nasser, milder Winter, die immer häufiger verhinderten, dass die Holzernte bodenschonend auf gefrorenen Waldböden erfolgen könne. Es müsse in technische Hilfsmittel wie beispielsweise die Schlupfreduzierung investiert werden, um den Fahrern der Holzernter die umweltverträgliche Bedienung zu ermöglichen.

Dr. Rainer Joosten stellte die Strategie seines Ministeriums zur Anpassung der Wälder und der Waldbewirtschaftung an die Auswirkungen des Klimawandels vor. „Dadurch soll sichergestellt werden, dass es auch in Zukunft multifunktionale Wälder gibt“, so der zuständige Referatsleiter im NRW-Umweltministerium. Die Strategie benennt 49 konkrete Umsetzungsmaßnahmen, die in den nächsten Jahren begonnen werden müssen. Die Maßnahmen basieren auf einem umfassenden Fachkonzept, das im Auftrag des Umweltministeriums durch das forstliche Beratungsunternehmen „Unique forestry and land use GmbH“ erstellt wurde. In einer Serie von Workshops wirkten Fachleute der Landesforst- und Umweltverwaltung sowie zahlreicher Institutionen aus dem Bereich Wald, Forst- und Holzwirtschaft daran mit.

Einig war man sich am Ende der Veranstaltung, dass öffentliche Hand, private und kommunale Waldbesitzer und auch Unternehmen der Forst- und Holzwirtschaft an einem Strang ziehen müssen, um den Wald fit für den Klimawandel zu machen.

pp/Agentur ProfiPress

Kategorien:
Energie · Wald & Holz · Wirtschaft

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Autor(in): Klaus Schäfer
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