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6. Juni 2017

Mit 85 Jahren fit im Slalom fahren

Verkehrswacht Rhein-Erft-Kreis trainiert generationenübergreifend Autofahrer auf der Teststrecke in Mechernich

Mechernich – So lange wie möglich sicher Auto fahren und so auch im Alter mobil bleiben, ist der Wunsch vieler Senioren. Das möchten auch die beiden betagten Herren – der eine 83 und der andere sogar schon 85 Jahre alt –, die zu den insgesamt sieben Teilnehmern des „Mehrgenerationen-Fahrsicherheitstrainings“ gehören, das die Verkehrswacht Rhein-Erft-Kreis, ein gemeinnütziger Verein, auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände in der Peterheide in Mechernich anbietet.

„Als wir das noch Senioren-Fahrsicherheitstraining genannt haben, hat sich seltsamerweise niemand angemeldet“, wundert sich Jörg Rausch aus Bad Breisig, zweiter Vorsitzender und Fahrsicherheitstrainer der Verkehrswacht. Nach dem Namenswechsel dagegen wuchs das Interesse, und so verbringen neben den beiden Ü-80-Kanidaten fünf weitere Teilnehmer im Alter von 44 bis 62 Jahren den Sonntag bei Nieselregen in Mechernich, um brenzlige Situationen wie Vollbremsungen oder Slalomfahren auf nasser Fahrbahn zu üben.

Dafür haben alle sieben bereits eine weitere Anfahrt zurückgelegt, denn die Anmeldungen kamen aus dem Kölner Raum. „In Mechernich und Umgebung ist unser Angebot noch relativ unbekannt, das soll sich ändern“, wünscht sich Rausch, der auch schon die Fahrer der Einsatzfahrzeuge des DRK-Kreisverbandes Euskirchen auf der Fahrsicherheitsanlage in Mechernich geschult hat. Ebenso wie Uwe Gerbert, ebenfalls Fahrsicherheitstrainer bei der Verkehrswacht Rhein-Erft-Kreis, opfert er regelmäßig seine Freizeit, um Autofahrer für weitverbreitete Schwächen und Fehler zu sensibilisieren.

Auf nasser Fahrbahn um die Pylonen herum: Das Üben solcher Situationen vermittelt den Teilnehmern Sicherheit. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

Von 2010 bis 2015 arbeitete die Verkehrswacht Rhein-Erft-Kreis mit der Bundeswehr in Mechernich zusammen. „Seit die Bundeswehr Ende 2015 das Gelände verlassen hat, nutzen wir die Anlage, um Lkw- und Busfahrer oder Mitarbeiter von Firmen zu schulen. Dafür haben wir das Gelände von der Stadt Mechernich, mit der wir sehr gut zusammenarbeiten, angemietet“, so Rausch. Nun aber haben grundsätzlich alle Privatleute dank des Engagements von Rausch und Gerbert die Möglichkeit, ihre Fahrtüchtigkeit in Mechernich einer Prüfung zu unterziehen.

Sollte man sich tatsächlich im hohen Alter noch ans Steuer setzen, oder wäre es nicht vernünftiger, den Führerschein freiwillig abzugeben? „Wir vertreten die generelle Ansicht, dass der Führerschein kein Verfallsdatum hat“, antwortet Rausch bestimmt. Viel zu individuell verschieden sei die Leistungsfähigkeit, und altersbedingte Einschränkungen würden häufig durch die größere Erfahrung wettgemacht. Wichtig sei vielmehr, älteren Autofahrern klar zu machen, wo ihre Schwächen liegen.

„Viele Senioren kommen nur noch schlecht mit hohem Verkehrsaufkommen zurecht. Da sagen wir dann: Müsst ihr denn wirklich Samstagvormittags einkaufen gehen? Oder Fahrten bei Dunkelheit oder Regen, die sollte man als älterer Mensch am Steuer auch vermeiden.“

Aus sicherer Entfernung beobachten Uwe Gerbert (l.) und Jörg Rausch die Übungsfahrten ihrer Schützlinge und geben via Sprachfunk Tipps. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

Beim Training in Mechernich dagegen dürfen es auch die älteren Herrschaften mal richtig krachen lassen – im übertragenen Sinne, versteht sich, Blechschäden gibt es keine. Aber ein rasanter Slalom um Pylonen, Vollbremsungen auf verschiedenen Untergründen oder schnelle Fahrstreifenwechsel verlangen nicht nur den beiden ältesten Autofahrern Courage ab.

Bevor es an die Praxis geht, bereitet Uwe Gerbert die Gruppe mental vor. „Viele von Euch haben noch nie eine Vollbremsung gemacht und werden jetzt zum ersten Mal spüren, dass sich da was tut – also bitte nicht erschrecken.“ Damit meint er das Antiblockiersystem, das heute zum Sicherheitsstandard aller Fahrzeuge gehört. Doch während selbst viele jüngere Autofahrer noch nie das Vibrieren am Fuß, die charakteristischen Schlaggeräusche und das Ruckeln des Autos erlebt haben und dann im Ernstfall vor lauter Schreck fatalerweise die Bremsintensität verringern, kommt bei älteren Fahrern hinzu, dass sie das Bremsen noch in der Vor-ABS-Zeit gelernt haben. So braucht es mehrere Durchgänge, bis sich auch der letzte traut, richtig in die Eisen zu steigen.

Auch die optimale Sitzeinstellung ist ein Thema. „Zeigt mir mal, wie ihr am Steuer sitzt“, fordert Jörg Rausch die Teilnehmer auf. „Für die Bequemlichkeit werden allzu oft Kompromisse zu Lasten der Sicherheit gemacht“, weiß er aus Erfahrung. Etwa, dass Sitz und Lehne zu weit hinten eingestellt sind. „Vielen reicht es, wenn sie die Pedale noch bedienen können. Aber ist das Bein durchgestreckt, geht im Falle eines Aufpralls die ganze Wucht auf die Hüfte und verursacht schwere Verletzungen“, warnt er.

Das ehemalige Bundeswehrgelände in der Peterheide bietet optimale Voraussetzungen für das Fahrsicherheitstraining der Verkehrswacht Rhein-Erft-Kreis. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

Als „Spaß für Jung und Alt“ bewirbt der rein ehrenamtliche Verein sein Fahrsicherheitstraining, für das sich von Sohn und Tochter über Vater, Mutter, Opa, Oma, Tante, Onkel sämtliche Generationen angesprochen fühlen sollen. Spaß haben die Teilnehmer sichtlich: Wo sonst darf man ungestraft Schlangenlinien fahren? Viel wichtiger ist aber, dass sie nach dem Sonntag auf der Mechernicher Teststrecke wissen, wie sie sich in brenzligen Situationen richtig verhalten.

www.verkehrswacht-rhein-erft-kreis.de, E-Mail: verkehrswacht-rhein-erft-kreis@t-online.de, Mobil 0163 84 72 729

pp/Agentur ProfiPress

Kategorien:
AltersWohnsitz

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Autor(in): Klaus Schäfer
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