Der prominente Benediktinerpater begeisterte in der ausverkauften Grenzlandhalle – Dialog zwischen Kirche und Verwaltung zu weltlichen Themen
Hellenthal – In der bis auf den letzten Platz besetzten Grenzlandhalle in Hellenthal hielt „Deutschlands bekanntester Mönch“, der Benediktinerpater Anselm Grün, einen Vortrag zu einem Thema, das vielen Menschen das Leben schwer macht. Vor rund 1.000 Zuhörern sprach er über die hohe Kunst der Entscheidung.
In der Gemeinde Hellenthal begegnen sich Kirche und Verwaltung regelmäßig im Dialog über weltliche Themen. So standen in der Vergangenheit bereits der demographische Wandel und die damit verbundenen gesellschaftlichen Veränderungen auf der Tagesordnung. Gesellschaftliche Veränderungen waren auch ausschlaggebend dafür, dass sich Pfarrer Theo Tümmler, GdG-Leiter Pfarrer Philipp Cuck und Bürgermeister Rudolf Westerburg darum bemühten, den ehemaligen Geschäftsführer der Abtei Münsterschwarzach in die Eifel zu holen. Dass der prominente und vielbeschäftigte Redner sich trotz vollen Terminkalenders dazu gerne überreden ließ, liegt sicherlich auch darin begründet, dass seine familiären Wurzeln in der Eifel liegen: Anselm Grüns Mutter stammt aus Dahlem.
Noch nie hatten die Menschen so viele Möglichkeiten. Doch was wie die große Freiheit scheint, macht die Menschen offenbar nicht glücklicher. „Was will ich? Mut zur Entscheidung!“ lautete daher auch der Titel des aktuellen Programms des 70-Jährigen. Im Vorfeld hatten Kirche und Verwaltung in zahlreichen Gesprächen mit den Bürgern, den Gläubigen und Vertretern von Vereinen und Vorständen festgestellt, dass dieses Thema auch den Nerv des Eifeler Publikums treffen würde. Die Gesellschaft verändere sich dahingehend, dass kaum noch jemand bereit sei, Funktionen zu übernehmen und damit Entscheidungsträger zu sein, sagte Bürgermeister Westerburg einführend.
Hilfestellung erhoffte man sich durch Anselm Grün, der den Initiatoren als geeigneter Ansprechpartner für weltliche und kirchliche Themen erschien, denn seinen Worten vertrauen auch diejenigen, die ihren Halt nicht im Glauben finden. Mit mehr als 300 Büchern, die in 30 Sprachen übersetzt wurden, ist er einer der meistgelesenen Autoren der Gegenwart. Ebenso großer Beliebtheit erfreuen sich seine rund 200 Veranstaltungen zu spirituellen Themen jährlich. Nicht minder groß war das Interesse in Hellenthal: „In rasantem Tempo“, sagte Westerburg, seien die Eintrittskarten ausverkauft gewesen, nachdem bekannt war, dass der berühmte Mönch, der außerdem von 1977 bis Oktober 2013 als Cellerar der Abtei Münsterschwarzach verantwortlich für die wirtschaftliche Leitung der Abtei mit ihren insgesamt 20 Betrieben war, in die Eifel kommt.
Anselm Grün widmete sich dem Thema Entscheidungen in seinem knapp anderthalbstündigem, freiem Vortrag mit einer Mischung aus Humor und Tiefgründigkeit, Unterhaltung und religiöser Betrachtung. Warum tun wir uns so schwer? Was hilft, die richtige Entscheidung zu treffen? Die Verantwortung, die mit der Entscheidung einhergehe, mache vielen Menschen Angst. Zudem enge jede Entscheidung ein, zugleich trauere man der Alternative nach. „Doch Nachtrauern raubt Energie, man muss loslassen können.“ Tröstlich: Die absolut richtige Entscheidung gibt es nicht. Und Entscheidungen können auch revidiert, falsche Entscheidungen als Erfahrung verbucht werden.
„Was sagen die Leute“ – dies sei oft die erste Botschaft in der Kindheit. Als er noch in der Jugendarbeit tätig gewesen sei, habe ihm ein Jugendlicher von seinen Zukunftsplänen erzählt. „Du willst Deinen Weg gehen und Du willst, dass alle Leute Deinen Weg toll finden. Das geht nicht“, habe er dem jungen Mann gesagt. Anselm Grün spricht in einfachen, verständlichen Sätzen. Menschliche Schwächen nennt er, verurteilt sie aber nicht. Nur die Ewiggrübler können selbst den in sich ruhenden Pater an das Ende der Geduld bringen. „Es gibt Menschen, die können sich nie entscheiden, die aus kleinen Dingen ein Riesenproblem machen. Wenn ich jemanden beobachte, der am Buffet ewig überlegt, welches Salatblatt er nehmen soll, dann muss ich die Luft anhalten“, gestand er offen. Mit dem Gedichtzitat „Die Rose blüht, weil sie blüht“ ermunterte er entscheidungsschwache Menschen, es einfach einmal zu genießen, nichts rechtfertigen zu müssen und nur sich selbst zu spüren.
Auch mit einer anderen Anekdote brachte er sein Publikum zum Schmunzeln. Als er in einem Kurs erklärt habe, dass Entscheidung auch Abschied von etwas anderem bedeute, habe ihm ein Teilnehmer gesagt: „Ihr Mönche müsst betrauern, dass ihr keine Frau habt. Ich muss betrauern, dass ich nur die eine Frau habe.”
pp/Agentur ProfiPress