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11. August 2015

Die Eifel wird noch bunter

Flüchtlingswellen erreichen auch die Eifelkommunen – Willkommenskultur und zahlreiche ehrenamtliche Initiativen – Erstes Begegnungscafé der Kaller Flüchtlingshilfe: 200 Flüchtlinge, Helfer, Vertreter aus Kirche, Politik und Verwaltung sowie Bürger trafen sich

Eifel/Kall – Die Flüchtlingswellen, die derzeit aus zahlreichen Ländern nach Deutschland schwappen, erreichen auch die Eifelkommunen. Überall muss spontan reagiert und teils improvisiert werden, um den Menschen Unterkunft und Betreuung zu bieten. Ohne zahlreiche ehrenamtliche Helfer und Initiativen wäre dies kaum möglich. In der Eifel wird in dieser Situation deutlich: Hier herrscht bei den allermeisten Menschen eine ausgeprägte Willkommenskultur und das Bedürfnis, an einem Strang zu ziehen, um die Asylbewerber zu unterstützen. Beispielhaft sei hier die Flüchtlingshilfe in der Eifelgemeinde Kall (Kreis Euskirchen) aufgezeigt.

Efrem lebt seit einem Jahr in der Kaller Jugendeinrichtung „Tu was“. Auf der Karte zeigt er Veronika Lakomski (links) und Ramona Klinkhammer, woher er kommt: aus Eritrea. Foto: Alice Gempfer/pp/Agentur ProfiPress

Dieser junge Mann lebt seit einem Jahr in der Kaller Jugendeinrichtung „Tu was“. Auf der Karte zeigt er Veronika Lakomski (links) und Ramona Klinkhammer, woher er kommt: aus Eritrea. Foto: Alice Gempfer/pp/Agentur ProfiPress

„Willkommen neue Nachbarn“ lautet das Motto der Kaller Flüchtlingshilfe. In diesem Sinne hatte sie auch zum ersten „Begegnungscafé“ im Pfarrheim St. Nikolaus in Kall eingeladen. Dabei wurde schnell klar, dass das Logo der Kaller Flüchtlingshilfe – ein Herz mit weit geöffneter „Tür“ – dort tatsächlich Programm ist. Rund 200 Menschen, Asylsuchende, ehrenamtliche Helfer, Kaller Bürger sowie Vertreter aus Kirche, Politik und Verwaltung, trafen sich in gemütlicher Runde – und lernten sich kennen. „Ich bin der Pieter, wie heißt Du?“ begrüßte etwa ein älterer Herr den jungen Mann neben sich und reichte ihm die Hand.

Es herrschte emsiges Gewusel im Pfarrheim, verschiedene Sprachen schwirrten durch den Raum, Freiwillige versorgten alle mit Getränken, frischem Obst, Brötchen und Kuchen. „Wir erfahren hier sehr viel Zuspruch“, berichtete Dorothea Muysers, die Koordinatorin des rund 15-köpfigen Teams der Kaller Flüchtlingshilfe. Sie ist auch die Schnittstelle zur Kaller Verwaltung und Politik, dazu sagt sie: „Das ist eine phantastische Zusammenarbeit.“ Michael Heller, Kaller Kämmerer und Allgemeiner Vertreter von Bürgermeister Herbert Radermacher, der zu einem nicht verschiebbaren Termin nach Köln musste, spielte den Ball zurück: „Wir sind unheimlich froh, dass wir so aktive Ehrenamtler haben – und jemanden, der ihre wichtige Arbeit bündelt und koordiniert.“

Beim Begegnungscafé der Kaller Flüchtlingshilfe lernten sich Eifeler und ihre „neuen Nachbarn“ kennen. Foto: Alice Gempfer/pp/Agentur ProfiPress

Beim Begegnungscafé der Kaller Flüchtlingshilfe lernten sich Eifeler und ihre „neuen Nachbarn“ kennen. Foto: Alice Gempfer/pp/Agentur ProfiPress

Neben Kirche, Politik und Verwaltung arbeitet die Kaller Flüchtlingshilfe auch mit den Vereinen und anderen Institutionen vor Ort sowie in der Region zusammen. Beim Begegnungscafé waren so auch die ausschließlich für die Kaller Flüchtlinge zuständige Mitarbeiterin in der Hellenthaler Verwaltung, Mona Mirbach, die Leiterin der Rotkreuz-Flüchtlingsberatungsstelle Janine Frackmann, Mitarbeiter des „Kommunalen Bildungs- u. Integrationszentrums“ (KoBIZ) in Euskirchen sowie der Caritas vor Ort.

In den vergangenen Wochen und Monaten hat die Kaller Flüchtlingshilfe bereits einiges an Infrastruktur geschaffen: Es gibt Paten, die für ganze Häuser, Familien oder Einzelpersonen zuständig sind. Sie beraten und begleiten Menschen beispielsweise bei Behördengängen und Arztbesuchen. Ehrenamtler „der ersten Stunde“ sind Silvia und Hermann Schmees aus Scheven. Sie sind „Hausmanager“ für eine der Flüchtlingsunterkünfte in Kall. Die Golbacherin Ingrid Mertens betreut ein Haus in ihrem Dorf und unterstützt eine Familie aus Syrien. Susanne Hütte-Thomé betreut gemeinsam mit Sistigern eine vierköpfige Familie aus dem Kosovo.

Freuen sich über das gelungene erste Begegnungscafé (v.l.): Pfarrer Hajo Hellwig, der Gemeindekämmerer Michael Heller, die Leiterin der Rotkreuz-Flüchtlingsberatungsstelle Janine Frackmann, Fares, die Koordinatorin der Kaller Flüchtlingshilfe Dorothea Muysers, Pastor Christoph Ude, Ashraf und Mona Mirbach von der Hellenthaler Verwaltung. Foto: Alice Gempfer/pp/Agentur ProfiPress

Freuen sich über das gelungene erste Begegnungscafé (v.l.): Pfarrer Hajo Hellwig, der Gemeindekämmerer Michael Heller, die Leiterin der Rotkreuz-Flüchtlingsberatungsstelle Janine Frackmann, Fares, die Koordinatorin der Kaller Flüchtlingshilfe Dorothea Muysers, Pastor Christoph Ude, Ashraf und Mona Mirbach von der Hellenthaler Verwaltung. Foto: Alice Gempfer/pp/Agentur ProfiPress

Andere Ehrenamtler wie etwa Friede Röcher aus Dottel, die französisch spricht, stellen sich als Dolmetscher zur Verfügung. Dazu gehören auch die Asylbewerber Fares und Ashraf aus Syrien. Insbesondere Fares, der auf Englisch studiert hat und dessen Muttersprache arabisch ist, wird häufig zu Gesprächen hinzugezogen. „Wir können ihn jederzeit ansprechen und Fares ist immer bereit zu helfen – das ist einfach toll“, berichtet Dorothea Muysers. Jacob Möller-Fixe hat bei der Betreuung einer Gruppe junger Männer aus Afghanistan Unterstützung von seiner Frau, die die Sprache spricht.

Die Kallerinnen Esther Lorrig und Kathrin Poganski bieten Deutschunterricht und die Grundschulleiterin Anne Dobring Alphabetisierungskurse an. Letztere sind insbesondere für die vielen Arabisch sprechenden Menschen unter den Flüchtlingen in Kall wichtig, denn sie kennen das lateinische Alphabet nicht.

Eine Fahrradwerkstatt, in der die Flüchtlinge aktiv sind, wurde mit Unterstützung der Gemeinde ins Leben gerufen. In der Gemeindebücherei können sie die PCs und Drucker nutzen. Die Kaller Sportvereine haben alle „neuen Nachbarn“ eingeladen, es gibt Angebote im Bereich Badminton, Tischtennis und Fußball. Derzeit entsteht auch eine eigene Website als Infoplattform für Flüchtlinge, Ehrenamtler und Interessierte. Mit Unterstützung der Kaller Designwerkstatt Roman Hövel wird sie erstellt von Fares, der einen Bachelor in Pharmazie besitzt, und dem studierten IT-ler Ashraf. Die beiden stammen aus Syrien und leben in einer der Kaller Flüchtlingsunterkünfte.

Künftig soll das Begegnungscafé im Pfarrheim St. Nikolaus jeden dritten Freitag im Monat von 10 bis 12 Uhr stattfinden. Foto: Alice Gempfer/pp/Agentur ProfiPress

Künftig soll das Begegnungscafé im Pfarrheim St. Nikolaus jeden dritten Freitag im Monat von 10 bis 12 Uhr stattfinden. Foto: Alice Gempfer/pp/Agentur ProfiPress

Die Flüchtlingshilfe Kall arbeitet in enger Vernetzung mit der Kaller Politik und Verwaltung sowie zahlreichen Organisationen ehrenamtlich an der nachhaltigen Unterstützung und Eingliederung von derzeit 81 Flüchtlingen aus 25 verschiedenen Nationen. Der überwiegende Teil von ihnen stammt aus akuten Kriegsgebieten. Die Flüchtlinge sind in insgesamt neun Häusern in Kall selbst und den Außenorten untergebracht. Alle Altersklassen, von einem bis 60 Jahren, gilt es zu betreuen. Daraus ergeben sich unterschiedliche Bedürfnisse an Unterstützung: Die ärztliche Betreuung, sprachliche Bildung und langfristige Integration müssen gemanagt werden.

Geplant ist, künftig eine „Flüchtlingssprechstunde“ im Pfarrheim St. Nikolaus anzubieten. Sie soll zwei Mal in der Woche in den späten Nachmittagsstunden stattfinden, die genauen Zeiten werden noch bekannt gegeben. „Dazu können Ratsuchende beispielsweise auch Briefe mitbringen, die sie nicht verstehen und wir klären vor Ort, was zu tun ist“, so die Koordinatorin. Das Begegnungscafé selbst findet nun jeden dritten Freitag im Monat von 9.30 bis 11.30 Uhr statt. Nächster Termin ist der 21. August.

Nach dem Ausklang des Begegnungscafés machten sich alle auf den Heimweg – entweder auf eigene Faust oder sie nutzten den Fahrdienst, den die Caritas bereitgestellt hatte. Foto: Alice Gempfer/pp/Agentur ProfiPress

Nach dem Ausklang des Begegnungscafés machten sich alle auf den Heimweg – entweder auf eigene Faust oder sie nutzten den Fahrdienst, den die Caritas bereitgestellt hatte. Foto: Alice Gempfer/pp/Agentur ProfiPress

Zum Begegnungscafé waren auch Kaller gekommen, die die Flüchtlingshilfe künftig ebenfalls ehrenamtlich unterstützen möchten. Dorothea Muysers: „Darüber freue ich mich sehr, denn wir brauchen dringend noch weitere Helfer, die beispielsweise als Paten Ansprechpartner sein können.

Wer die Kaller Flüchtlingshilfe unterstützen möchte, kann sich via Mail an info@fh-kall.de oder über Tel. 0174/ 942 89 49 an Dorothea Muysers wenden.

pp/Agentur ProfiPress

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Autor(in): Klaus Schäfer
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