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15. August 2014

Kräuter helfen, der Glaube auch

Traditionelle „Krockwösch“-Segnung bei Freiluftgottesdienst im Eifeler LVR-Freilichtmuseum Kommern (Stadt Mechernich)

Mechernich – Heute, Freitag, 15. August, feiert die katholische Christenheit das Hochfest „Mariä Himmelfahrt“ . Traditionell werden dann auch „Krautwische“ gesegnet. Seit Jahren veranstaltet das Eifeler Freilichtmuseum in Kommern dann Freiluftgottesdienste. Auch heute konnten die Teilnehmer anschließend gesegnete Sträuße mit nach Hause nehmen. Museumsbäuerinnen erklärten ihnen den Brauch und die Heilkräuter.

Seit dem Mittelalter wurden und werden zu Mariä Himmelfahrt Kräutersträuße in der Kirche gesegnet. Noch vor einigen Jahrzehnten war der Brauch in ländlichen Regionen des Rheinlands verbreitet. Der „Krautwisch“ wird aus verschiedenen Heilkräutern und Nutzpflanzen gebunden.

Der Lückerather Diakon Manfred Lang segnete nach altem Brauch Heilkräutersträuße am Hochfest „Mariä Himmelfahrt“. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Der Lückerather Diakon Manfred Lang segnete nach altem Brauch Heilkräutersträuße am Hochfest „Mariä Himmelfahrt“. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Je nach Region enthalten die Sträuße sieben bis 99 verschiedene Kräuter. Neben Rainfarn, wildem Oregano, Johanneskraut, Weidenröschen und Großem Wiesenkopf gehören in der Stadt Mechernich auch die vier Haupt-Getreidearten Roggen, Gerste, Weizen und Hafer dazu.

Hilfe bei Krankheit und Unwetter

Früher fehlte der Krautwisch in keinem Haushalt. Er schützte Menschen und Vieh vor Krankheit, Feuer und sonstigem Unglück. Bei Krankheit von Mensch oder Tier wurden Teile als Tee oder Aufguss verwendet. Im Frühjahr wurden Wohnhaus und Ställe mit dem Krautwisch ausgeräuchert. Der Krautwisch war nicht nur Haussegen, sondern auch ein langlebiger Hausschmuck.

Der Krautwisch galt auch als Schutz gegen Unwetter. So verbrannte man bei Gewittern einige Zweige im Herdfeuer. Auch der „Krockwösch“ des Vorjahres wurde nicht einfach weggeworfen, sondern dem Feuer überantwortet. Beim Neubau eines Hauses legte man geweihte Kräuter unter die Türschwelle. Dies sollte Unglück vom Haus und seinen Bewohnern fernhalten.

Als Hahn im Korb durfte sich Diakon Lang zwischen den Kräuterfrauen und Kräuterkörben einreihen, flankiert (v.r.) von Johanna Hilger, Rosemarie Johnen, Anita Wolfgarten, Hildegard Wolfgarten, Sybille Ertzler und Liesel Retetzki.  Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Als Hahn im Korb durfte sich Diakon Lang zwischen den Kräuterfrauen und Kräuterkörben einreihen, flankiert (v.r.) von Johanna Hilger, Rosemarie Johnen, Anita Wolfgarten, Hildegard Wolfgarten, Sybille Ertzler und Liesel Retetzki. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Die wohl umfangreichste Liste für Kräuter, die für den Krautwisch mit regionalen Unterschieden genommen werden, stammt von dem Bitburger Schulrat Lentz. Er befragte „seine“ Lehrer, wie der Krautwisch auf ihren Dörfern zusammengesetzt sei (in Klammern die Zahl der Übereinstimmungen) :

Wermut (Batteralsem, Magenkraut) (15), Schafgarbe (Tausendblättchen, Schwarzwurzel, Sichelschnitt, Jungferbrauen) (12), Salbei (Heilkraut) (12), Pfefferminze (11), Dill (11), Rainfarn (Wurmkraut, Jag’ den Teufel, Herrgottsknöpchen, Muttergottesrute) (10), Hartheu (Johanniskraut, Johannisblut, Herrgottskraut, Herrgottsblut, Herz-Jesu-Blut, Hartenau, Hoadenau) (10), Liebstöckel (Liesstock, große Sellerie (9), Beifuß (Beifels, Wischkraut) (8), Weidenröschen (Jungfrauenhaar, Marienhaar, Herrgottshaar) (7), Tausendguldenkraut (7), Raute (Totenkräutchen) (6), Malve (4), Dorsten (Muttergottesbettstroh, Wohlgemut) (4), Kümmel (4), Schachtelhalme (Katzenschwanz) (4), Wegewarte (Zichorie, Mischkraut) (4), Kamille (3), Thymian (3), Sauerampfer (Strof, Strippblättchen) (3), Heidekraut (2), Frauenflachs (Gröllchen) (2), Melde (2), Sellerie (2), Petersilie (2), Bohnenkraut (2), Fenchel (2), Jakobskreuzkraut (2), Wasserminze (2), Wegerich (2), Rote Flockenblume (Knopfblume, Knoppstrieh (2) und Wiesenfuchsschwanz (2).

Eine der freilaufenden Legehennen des Mechernicher LVR-Freilichtmuseums Kommern störte sich nicht an der heiligen Handlung und machte es sich inmitten von Getreidegarben und Kräutersträußen bequem. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Eine der freilaufenden Legehennen des Mechernicher LVR-Freilichtmuseums Kommern störte sich nicht an der heiligen Handlung und machte es sich inmitten von Getreidegarben und Kräutersträußen bequem. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Augentrost, Odermennig, Erdrauch

In nur je einem Eifeler „Krockwösch“ wurden Augentrost, Dahlie, Ringelblume (Goldblume), Wucherblume, Odermennig (Herrgottsnagelchen), Seifenkraut, Frauenmantel, Skabiose, Bärenklau (Kuhgans), Hirtentäschel (Herzkraut), Hanf, Klette (Kormessen), Schwertlilie, Kauke, Winde, Kleine Brennessel, Rhabarber, Ginster, Hundskamille, Wohlverleih, Rettich, Eibisch (Herbströschen), Huflattisch, Donnerkraut oder Dachwurz, Beinwell, Königskerze oder Wollkraut, Hohlzahn (Dannessel), Ziest, Wasserbraunwurz (heidnisches Wundkraut), Betonia, Wolfsfuß, Fuchsschwanz (Amaranthus) und Erdrauch (Zitterkraut) ausgemacht.

Für die diesjährige Kräutersegnung hatte Museums-Volkskundlerin Sabine Thomas-Ziegler den Lückerather Diakon Manfred Lang gewonnen. Er brachte in seiner Predigt Marienverehrung mit dem alten Kräuterbrauch überein. Der Festtag Mariä Himmelfahrt sei in der Eifel immer auch ein Tag, mit Maria für Gottes gute Gaben zu danken, auch für die Schönheit der Natur, ihre heilvolle Kraft und den Segen der Erntegaben.

Wegen der nach und nach einsetzenden Regenschauern hatten (v.r.)  Rosi Johnen, Johanna Hilger, Anita und Hildegard Wolfgarten das Kräuterbinden in die Wohnküche aus Elsig in der Museumsbaugruppe Eifel verlegt. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Wegen der nach und nach einsetzenden Regenschauern hatten (v.r.) Rosi Johnen, Johanna Hilger, Anita und Hildegard Wolfgarten das Kräuterbinden in die Wohnküche aus Elsig in der Museumsbaugruppe Eifel verlegt. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Die Museumsbäuerinnen banden die Kräutersträuße und berichteten über Brauchtum sowie spezielle Heilkräuter. Die ausgewählten Kräuter seien Nahrungspflanzen oder Heilkräuter für Mensch und Vieh, so Johanna Hilger. „Meiner Großmutter waren die Getreidearten besonders wichtig“, ergänzte ihre Kollegin Anita Wolfgarten. Auch ihre Mutter habe noch Kräutersträuße gebunden, sagte die Lessenicherin.

In vielen Familien ist der Brauch bis auf den heutigen Tag erhalten, wie sich auch am Mittwoch im Museum zeigte. Denn zur medienwirksam angekündigten Kräuterweihe kamen viele mit zu Hause selbst gesammelten und gebundenen Sträußen, um sie von Diakon Manfred Lang segnen zu lassen.

Wohl auch wegen der eher feuchtkalten Augustwitterung war die Teilnehmerzahl am Freiluftgottesdienst anlässlich der Kräuterweihe zu „Mariä Himmelfahrt“ im Freilichtmuseum Kommern überschaubar. Das nasskalte Wetter macht im Übrigen auch den Eifeler Bauern zu schaffen. Nicht nur im Raum Mechernich steht noch viel Weizen vor der Ernte. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Wohl auch wegen der eher feuchtkalten Augustwitterung war die Teilnehmerzahl am Freiluftgottesdienst anlässlich der Kräuterweihe zu „Mariä Himmelfahrt“ im Freilichtmuseum Kommern überschaubar. Das nasskalte Wetter macht im Übrigen auch den Eifeler Bauern zu schaffen. Nicht nur im Raum Mechernich steht noch viel Weizen vor der Ernte. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Tipps und Rat von Museumsbäuerinnen

Viele Besucher nutzten auch die Gelegenheit, um sich bei den Fachfrauen Rat und Tipps zu speziellen Kräutern zu holen. Wer keinen eigenen Kräuterstrauß mitgebracht hatte, der wurde vom Museum versorgt. Wer wollte, konnte nach altem Brauch einen gesegneten Strauß mit nach Hause nehmen, um ihn dort zum Schutz vor Krankheiten, Unwetter und anderen Unbilden des Lebens aufzuhängen.

Vor dem mit einigen Marienliedern unterlegten Gottesdienst, den Diakon Lang mit den Besuchern feierte, klang die Vermutung an, dass der „Krautwisch“ wie viele heute christliche Bräuche und Feiertagestermine vorchristliche Wurzeln haben könnte. Zur heute sogar wissenschaftlich erwiesenen Heilkraft vieler Kräuter kam das Vertrauen auf die himmlischen Kräfte. Und ein wenig Aberglaube und Zahlenmagie, so Diakon Lang, „mag auch manchmal im Spiel gewesen sein“.

Wohl auch wegen der eher feuchtkalten Augustwitterung war die Teilnehmerzahl am Freiluftgottesdienst anlässlich der Kräuterweihe zu „Mariä Himmelfahrt“ im Freilichtmuseum Kommern überschaubar. Das nasskalte Wetter macht im Übrigen auch den Eifeler Bauern zu schaffen. Nicht nur im Raum Mechernich steht noch viel Weizen vor der Ernte. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Wohl auch wegen der eher feuchtkalten Augustwitterung war die Teilnehmerzahl am Freiluftgottesdienst anlässlich der Kräuterweihe zu „Mariä Himmelfahrt“ im Freilichtmuseum Kommern überschaubar. Das nasskalte Wetter macht im Übrigen auch den Eifeler Bauern zu schaffen. Nicht nur im Raum Mechernich steht noch viel Weizen vor der Ernte. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Von Ort zu Ort unterschiedlich, aber immer verbindlich war die Zusammensetzung des „Krautwischs“ früher, was die Art und Zahl der darin enthaltenen Kräuter anging. Immer spielte die Zahl eine Rolle, egal ob es sieben (Schöpfungstage) Kräuter sein mussten, neun (dreimal drei = Dreifaltigkeit), zwölf (Apostel, Stämme Israels), 24 (Altes und Neues Testament, 12 Stämme Israels plus 12 Apostel) oder sogar 72 (Jünger Jesu).

pp/Agentur ProfiPress

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Autor(in): Klaus Schäfer
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