WIR. LEBEN. EIFEL.
WIR. LEBEN. EIFEL.
Menu
13. Juni 2014

Daniel Kehlmann begeistert 1100 Besucher

Halbzeitfinale des Eifel-Literatur-Festivals vor der Sommerpause – Autor des Weltbestsellers „Die Vermessung der Welt“ bewies große Portion Humor

Wittlich – Er hat mit einer weltweit sechsmillionenfachen Auflage seines Romans „Die Vermessung der Welt“ einen beispiellosen Erfolg gelandet. Er hat auch ein Buch geschrieben, das den Titel „Ruhm“ trägt, doch sein Ruhm scheint Daniel Kehlmann nicht zu Kopf gestiegen zu sein. In Wittlich nimmt der jungenhaft wirkende Autor nicht nur die auffallend vielen jungen Menschen im Publikum mit einem ganz natürlichen und sympathischen Auftreten ein. Er kommt in Turnschuhen und salopper Kleidung auf die Bühne, beginnt schnörkellos mit seiner Lesung, für die er mit einer längeren Schlüsselszene und einem kürzeren humorvollen Häppchen zwei äußerst ansprechende Passagen aus seinem neuesten Roman „F“ ausgewählt hat.

Der Titel „F“ steht vor allem für Familie, aber auch für Fälschung. Das Buch erzählt die Geschichte dreier Brüder, deren Existenzen im Grunde auf der Vorspiegelung falscher Tatsachen beruhen. Martin ist katholischer Priester, der nicht an Gott glaubt, Eric Anlageberater, der seine Kunden betrügt und Iwan Maler, der im Namen eines anderen Künstlers malt.

Festival-Organisator Dr. Josef Zierden im Gespräch mit Daniel Kehlmann. Foto: ELF/pp/Agentur ProfiPress

Festival-Organisator Dr. Josef Zierden im Gespräch mit Daniel Kehlmann. Foto: ELF/pp/Agentur ProfiPress

„F“ steht auch für Fatum, Schicksal, denn an einem heißen Augusttag im Finanzkrisenjahr 2008 werden die Drei in Ereignisse verwickelt, die die Frage aufwerfen, was den Verlauf eines Lebens lenkt, Vorherbestimmung oder Zufälle. „F“ steht schließlich auch noch für Fiktion, für unerklärliche Phänomene und dämonische Kräfte, die buchstäblich durch die Geschichte der Brüder geistern. Alle diese „Fs“ sind bereits im ersten Kapitel des Romans angelegt, aus dem Kehlmann zu Beginn eine ausführliche Passage liest.

Kehlmann liest so amüsant und lebendig, dass man als Zuhörer ins Geschehen gezogen wird. In seinem Vortrag kommt auch der ironische Humor fein zum Tragen, so dass das Publikum viel zu lachen hat. Nicht minder unterhaltsam gestaltet sich das anschließende Interwiew mit Festival-Leiter Dr. Josef Zierden, bei dem der Autor interessante Einblicke in seine Arbeit gibt. Hier beantwortet er die Frage, die vielen Fans von „Die Vermessung der Welt“ auf den Nägeln brennt, warum er mit den Nachfolgeromanen wie „Ruhm“ oder „F“ ganz andere Wege eingeschlagen hat: „Der Erfolg von `Die Vermessung´ hat mir die Freiheit gegeben, etwas auszuprobieren“, sagt Kehlmann, „nicht nur ökonomisch gesehen.“ Die Menschen interessierten sich nun dafür, was er schreibe, und da wolle er sich nicht wiederholen, sondern experimentieren.

Mit ungeheurem Andrang am Signiertisch bedankten sich die Besucher am Ende der Lesung für Kehlmanns Auftritt in Wittlich. Foto: ELF/pp/Agentur ProfiPress

Mit ungeheurem Andrang am Signiertisch bedankten sich die Besucher am Ende der Lesung für Kehlmanns Auftritt in Wittlich. Foto: ELF/pp/Agentur ProfiPress

Zur Beschäftigung mit dem Typus des Hochstaplers, die für „F“ den Ausschlag gab, sei es in einem Reisebus in Mexiko gekommen. Dort habe ihn ein offensichtlich gebildeter feiner Herr in ein Gespräch über mexikanische Literatur verwickelt und später erzählt, er sei ausgeraubt worden und brauche Geld. Kehlmann habe es ihm gegeben, doch hinterher durchs Internet erfahren, dass der Mann bekannter Betrüger sei. „Aber er hat diese Kompetenz gehabt, hat überzeugend vorgespiegelt, er kenne sich aus – das ist die Kunst des Hochstaplers.“

Ob Kehlmann etwas mit dem Vater seiner Romanbrüder gemein habe, der alles bedingungslos für seine Schriftstellerei aufgegeben habe? „Nein, so bin ich sicher nicht“, sagt der Autor, „wenn sich die Kunst hinterher als mittelmäßig herausstellt, ist das Leben verschenkt.“ In seinem Leben spiele momentan sein fünfjähriger Sohn eine Hauptrolle, der zuweilen frage: „Musst du wieder den Leuten aus dem blöden Buch vorlesen?“ Er habe deshalb seine Termine reduziert und versuche, nie länger als fünf Tage von zuhause weg zu sein, erklärt der Autor. Damit rundet er den sympathischen Eindruck, den er schon anfangs gemacht hat, ab. Mit viel Applaus und ungeheurem Andrang am Signiertisch bedanken sich die Besucher.

Einen sympathischen Eindruck hinterließ Bestsellerautor Danile Kehlmann bei seiner Lesung im Rahmen des Eifel-Literatur-Festivals in Wittlich. Foto: ELF/pp/Agentur ProfiPress

Einen sympathischen Eindruck hinterließ Bestsellerautor Danile Kehlmann bei seiner Lesung im Rahmen des Eifel-Literatur-Festivals in Wittlich. Foto: ELF/pp/Agentur ProfiPress

Mit der Lesung von Daniel Kehlmann schloss das Frühjahrsprogramm des Eifel-Literatur-Festivals. Zu sechs Veranstaltungen strömten insgesamt rund 5.400 Besucher, zum Teil aus 200, 300 oder 400 km Entfernung ausgereist: von Nürnberg bis zum Starnberger See, von Dortmund bis Köln und Aachen, aus dem Saarland, aus den Niederlanden, aus Luxemburg und aus der DG Belgiens. Fünf von sechs Veranstaltungen waren ausverkauft.

pp/Agentur ProfiPress

Kategorien:
Sonstiges

Als PDF speichern
Print Friendly, PDF & Email
Seite Teilen Über:


Autor(in): Klaus Schäfer
Kommentare einblenden Kommentare ausblenden

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Weitere Beiträge